der scheibe-wischer (3)
: Schnee und Sonne

Zwischen den Jahren gewährt der Rechtsberater der taz, Peter Scheibe, einen Einblick in die Abgründe des deutschen Presserechts

Seit über einem Jahr gehört die Mediatex GmbH zu den Dauerkunden der taz in Sachen Presserecht. Dass sie bisher mit der Berichterstattung der taz nicht zufrieden war und wohl auch künftig nicht sein wird, muss freilich nicht kümmern. Zu trauriger Bekanntheit gelangte Mediatex nämlich als Herstellerin der unter dem Label „Thor Steinar“ vertriebenen Kleidung, welche sich vor allem in rechten Kreisen großer Beliebtheit erfreut.

Die unfreiwillige Liaison begann im Oktober 2004 mit der von einem Mitarbeiter des Brandenburger Verfassungsschutzes getroffenen Aussage, dass der Firma Rechtsextremisten angehören – was von Mediatex stets bestritten wird. Vertreten ließ man sich von Markus Roscher, der früher beim rechtspopulistischen Bund Freier Bürger aktiv war. Nun geht dieser Prozess mit der Berufung in die nächste Runde. Während die Märkische Allgemeine Zeitung die geforderte Gegendarstellung von Mediatex abdruckte, ließ es die taz gern auf einen Prozess ankommen. Binnen sechs Wochen trafen fünf mehr oder weniger stark geänderte Gegendarstellungen ein.

Ob diese im Einzelnen den gesetzlichen Anforderungen genügten, musste das Landgericht Berlin gar nicht klären. Gescheitert ist Mediatex bereits an einer Frist. Das Gericht führte aus, dass es bei mehreren Gegendarstellungsverlangen erforderlich ist, diese jeweils unverzüglich nach Zurückweisung der vorausgegangenen Gegendarstellung zuzuleiten. So schnell, geschweige denn „unverzüglich“ war man bei Mediatex jedoch nicht. Das Kammergericht bestätigte diesen taz-Erfolg auch in dem von Mediatex angestrengten Berufungsverfahren. Wegen eines Artikels der Hamburger Lokalausgabe der taz vom Juli 2005 ließ Mediatex nicht nur ein Ermittlungsverfahren gegen den Hamburger Redaktionsleiter wegen Beleidigung einleiten, sondern begehrte außerdem Schadensersatz von über 37.000 Euro.

Leider hat Mediatex diese Forderung nicht weiterverfolgt, denn ein solcher Prozess wäre noch unterhaltsamer verlaufen. Angeblich wegen des Artikels in der taz Hamburg wurde nämlich eine Bestellung von „Thor Steinar“-Textilien storniert, und zwar von einer Firma namens „Snow & Sun“, welche Kleidergeschäfte in Berlin betreibt. Die zackig gestalteten Anfangsbuchstaben im Firmenlogo sind wohl ebenso wenig Zufall wie eine Demo kurz vor Weihnachten gegen ebenjene Filiale in einem Einkaufscenter in Berlin-Neukölln. Motto der Demonstration: „Nazishop in Neukölln dichtmachen! Stopp Thor Steinar!“ Und auch im November und Dezember gab es Gegendarstellungen zu zwei Artikeln im Berliner Lokalteil der taz. Scheinbar reicht die bloße Erwähnung.

Als Google-Hilfe sei nochmal genannt: „Thor Steinar“ – Mediatex. Damit es auch nach Silvester heißt: The same procedure …