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Archiv-Artikel

Student soll bleiben

MIGRATION Die hessischen Behörden wollen den 22-jährigen Hassan Khateeb abschieben. Doch die Universität Frankfurt kämpft für ihn

BERLIN taz | Hassan Khateeb studiert im zweiten Semester Jura in Frankfurt am Main an der Goethe-Universität. Seine Noten sind gut, das Studium macht ihm Spaß. Eigentlich läuft alles super, nur ist ungewiss, ob Hassan sein Studium in Deutschland beenden wird. Der Student, der in Palästina geboren, in Deutschland aufgewachsen ist, soll abgeschoben werden.

Die Universität nahm ihn nun am vergangenen Donnerstag als ersten Stipendiaten in den Rudolf Steinberg Stiftungsfonds auf. Sie will damit signalisieren, dass eine Ausweisung Hassan Khateebs „unmenschlich“ und auch „wirtschaftlich unsinnig“ wäre, wie Universitätssprecher Olaf Kaltenborn der taz erklärte. Das Förderprogramm wurde im vergangenen Jahr von dem früheren Universitätspräsidenten Rudolf Steinberg ins Leben gerufen. Steinberg wollte Studierenden aus sozial schlechter gestellten Familien ein Jurastudium ermöglichen. „Im Fall Hassan Khateeb kam die Bedrohung noch hinzu“, berichtet Universitätssprecher Olaf Kaltenborn der taz. Daher habe man sich auch für Hassan Khateeb entschieden. Der 22-jährige Student freut sich über den Einsatz seiner Hochschule. „Das Engagement der Uni ist großartig“, erklärte Khateeb am Donnerstag.

Seit dem 6. Juli 2006 leben Hassan Khateeb, seine sechs Geschwister und seine Mutter mit der ständigen Angst, aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben zu werden.

Damals durchsuchte eine Polizeimannschaft der AG Wohlfahrt, ein nur im Kreis Offenbach existierender Zusammenschluss aus Polizei und Ausländerbehörde, das Haus der Familie, um nach Beweisen für einen vermeintlichen illegalen Aufenthalt zu suchen.

Der CDU-Landrat Peter Walter hatte diese Arbeitsgemeinschaft gegründet, um „angebliche Sozialhilfebetrüger ausfindig zu machen“, wie Khateebs Anwalt Reiner Thiele erklärt. „Dabei hat sich die Behörde auf palästinensische Flüchtlinge eingeschossen“, sagt der Anwalt.

Die Eltern von Khateeb stammen aus Palästina und waren zwischen 1991 und 1992 nach Deutschland gekommen. Dass sie tatsächlich von dort stamme, will ihnen die Ausländerbehörde nicht glauben. Sie behauptet stattdessen, die Familie komme aus Jordanien. Eine Ausweisungsverfügung sei bereits unterzeichnet, berichtet Thiele. Offenbar ignoriere das Amt, dass sich die jordanische Behörde weigere, der Familie Reisepässe auszustellen. Sie bekämen lediglich Dokumente für eine einmalige Reise. „Mit Staatsangehörigen würden sie niemals so verfahren“, sagt der Anwalt. Hassans Vater lebt schon nicht mehr in Dietzenbach, er befindet sich zurzeit in einem Flüchtlingslager zwischen Jordanien und Palästina.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Universitätsleitung einen Brief an die Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva Kühne-Hörmann geschickt, mit der Bitte, den Fall Khateeb „wohlwollend zu behandeln“, wie Kaltenborn erklärt. Der Professor für Öffentliches Recht, Rainer Hofmann, stellte sogar ein Rechtsguthaben aus und empfahl dem Studenten, notfalls nach Straßburg zu ziehen, wie Khateeb berichtet.

Anwalt Thiele versucht gerade, eine humanitäre Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Die Abschiebung von Hassan Khateeb und seiner Familie nach Jordanien verstoße gegen Artikel acht der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheit. Der Verein Zusammenleben der Kulturen in Dietzenbach e. V. hat eine Petition an den hessischen Petitionsausschuss gerichtet, damit dieser eine „Empfehlung“ für ein Bleiberecht abgibt.

LUKAS DUBRO