: Arbeiten, honoris causa
Fast jeder dritte Berliner engagiert sich ehrenamtlich – Tendenz steigend. Wichtigstes Motiv ist das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Mitgestaltung. Besonders beliebt ist die Mitarbeit in Kindergärten, Schulen sowie im Kulturbereich
Dass jemand arbeitslos ist, heißt noch lange nicht, dass er nichts arbeitet. Fast jeder dritte Berliner engagiert sich ehrenamtlich. Das belegt die Berlin-Studie des bundesweiten Freiwilligensurveys aus den Jahren 1999 bis 2004. Dieser zeigt auch, dass jeder vierte Erwerbslose ein Ehrenamt innehat. Vor sechs Jahren war es nur jeder fünfte. Die größte Gruppe in der Freiwilligenarbeit ist aber die der Rentner und Pensionäre. Ein Viertel von ihnen bringt sich heute in Vereinen, Gruppen oder Einrichtungen unendgeltlich ein.
Die Motive für dieses Engagement sind unterschiedlich. Laut der Studie ist das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Mitgestaltung sehr hoch. So gaben die meisten Befragten an, durch ihr Ehrenamt „die Gesellschaft zumindest im Kleinen mitgestalten“ zu wollen. An zweiter Stelle steht der Wunsch, durch Freiwilligenarbeit mit anderen Menschen zusammenzukommen. Nicht in allen Bereichen sind die freiwilligen Helfer gleich stark vertreten. Beliebt ist die Mitarbeit in Schulen und Kindergärten sowie im Sozial-, Freizeit- oder Kulturbereich. Eher gemieden werden unbezahlte Tätigkeiten für Politik und Justiz, bei der Feuerwehr oder im Gesundheitswesen.
Der Senat unterstützt die Freiwilligenarbeit seit Jahren. Denn, so ist im letzten Ehrenamtsbericht zu lesen, die Rolle des Staats habe sich gewandelt: vom hierarchisch steuernden hin zum kooperativen Staat. Im Bereich Daseinsfürsorge und soziale Sicherung arbeite der „gewährleistende Staat“ zunehmend mit gesellschaftlichen Partnern zusammen. Die werden zwar häufig durch die Stadt gefördert, aber für Personal fehlt oft das Geld. Die Lösung des Senats: bürgerschaftliches Engagement.
Die Chancen, dass das Senatskonzept Erfolg hat, stehen nicht schlecht. Berlin ist der einzige großstädtische Ballungsraum in Deutschland, der zurzeit ein Wachstum der Engagementzahlen vorweisen kann. Vor allem im Osten der Stadt sieht die Senatsverwaltung Wachstumspotenzial. In den vergangenen sechs Jahren sind dort die Mitgliederzahlen bei Vereinen, Gruppen und Einrichtungen deutlich angestiegen.
Ehrenamt zu fördern ist zentrale Aufgabe der Senatsverwaltung für Soziales. Seit September 2005 würdigt sie ehrenamtlich Tätige mit einem Freiwilligenpass. Jährlich verleiht sie zudem Ehrennadeln für besonders soziales Engagement. Auch administrative Hemmnisse will man abbauen: So gibt es seit 2005 einen Versicherungsschutz für Ehrenamtliche. TANIA GREINER