HAVARIE AM SCHREIBTISCH
: Kaffee im Rechner

Entsetzen. Pause. Netzkabel raus, Laptop umdrehen. Warten

Es fühlte sich schon fast an wie Sommer, nur die Bäume waren noch kahl. Wie aus der Zeit gerissen ging ich in Kreuzberg spazieren, kaufte Kuchen und setzte mich an den Schreibtisch. Der Espresso war sehr lecker. Ich schrieb so vor mich hin, machte plötzlich eine falsche Bewegung. In Zeitlupe kippte der Becher um. Ein bisschen von dem schönen Kaffee schwappte auch auf den Laptop. Ich bin so ein Idiot! Entsetzen. Pause. Netzkabel raus, Laptop umdrehen. Tisch wischen. Warten. Komischerweise ging der Laptop noch, als ich ihn eine Stunde später wieder auf den Tisch stellte. Wahrscheinlich weil im Kaffee so viel Zucker war. Nur die Space-Taste war etwas langsamer geworden.

Erst am nächsten Tag, nachdem ich die Tastatur gereinigt hatte, sprang der Laptop nicht mehr an. Auch Geheimbefehle oder Pusten half nicht weiter. Die Garantie war vor zwei Wochen abgelaufen. Im Computergeschäft sagte der Mann, das würde vier Wochen dauern, es gebe grad sowieso Probleme wegen der Rückrufaktion für die iMacs. Ich solle es doch lieber woanders versuchen.

Ein Kollege empfahl mir ein Geschäft in Schöneberg. Die Mitarbeiter wirkten sehr vertrauenswürdig. Sie sahen aus, wie man sich Computernerds so vorstellt, hatten Humor und schienen sehr kompetent. Sie schraubten das Teil auf. Eigentlich war nur der Ein- und Ausschalter kaputt. Weil aber alles so reparaturunfreundlich gebaut war, musste dies und das ausgetauscht werden. In vier Tagen war alles erledigt. Weil sie zuvor gesagt hatten, es würde über 300 Euro kosten, war ich glücklich, dass es nun unter 300 Euro kostete.

Der Laptop fühlte sich wie neu an. Es war ein großes Vergnügen, damit zu schreiben. Im Radio wiederholte sich die immergleiche Verkehrsmeldung: „Achtung! Personen werfen Gegenstände von der Brücke auf die Fahrbahn.“ DETLEF KUHLBRODT