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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Brustbügeln ist Misshandlung

■ betr.: „Brauchen wir den BH noch?“, taz vom 20. 4. 13

Das sogenannte Brustbügeln in manchen Teilen Afrikas vorkommend, ausgeführt von Frauen, die Kinder mit heißen Steinen verbrennen und meistens qualvoll verstümmeln, wird von Geneviève Belot als Schönheitsideal angepriesen? Da ist von warmen Steinen die Rede. Fakt ist, dass es Kinder sind, deren Brustwachstum den Müttern ein Dorn im Auge ist und mit Steinen aus dem Feuer plattgebügelt werden, damit sie nicht wachsen beziehungsweise keine weiblichen Merkmale sichtbar sind, um wiederum Männer davon abzuhalten, sich über Mädchen herzumachen. Das ist kein Schönheitsideal, sondern Misshandlung und sollte auch als solche in Zusammenhang gebracht werden.

Aber bitte glauben Sie nicht, dass es hier um erwachsene, selbstbestimmte Menschen handelt, die sich einer solchen Prozedur freiwillig unterziehen würden. DANIELA BÄR, Köln

Polnische Diskussion

■ betr.: „Warschaus neue Helden“, taz vom 19. 4. 13

Der Artikel von Gabrielle Lesser ist in einer moralisierenden Eindeutigkeit geschrieben, die ich sehr misslich finde. Er lässt den Blick für die Uneindeutigkeit vermissen, der hier angebracht ist. Die Haltung der Polen während des Aufstands auf der anderen Seite der Mauern bot Gleichgültigkeit, Denunziation und Hilfe. Diese Zwiespältigkeit abzubilden, auch im Kampf um Erinnerung, der derzeit stattfindet, wäre ein Gebot einer redlichen Berichterstattung. Die „Romantisierung“ des Aufstands gibt es. Ja. Auch den Antisemitismus. Aber es gab auch drei jüdische polnische Außenminister. Wladyslaw Bartoszewski, ein nichtjüdischer ehemaliger Außenminister, hat den Aufstand einen „romantischen“ und „polnischen“ genannt. Dies kann man als Variante eines „Einpolnischens“ im Sinne einer herablassenden Assimilierung deuten. Gewiss. Aber auch als Aufruf, ihn als Teil der polnischen Geschichte von hoffnungslosen, „romantischen“ Revolten zu deuten. Diesen hoffnungslosen „Wahnsinn“ hätten eben nur „polnische“ Juden vollbringen können. Das „Polnische“ wird damit in einem republikanischen Sinne und eben nicht ethnischen Sinn angerufen. Diese Nuanciertheit der polnischen Diskussion fehlt völlig im Artikel. TERESA KULAWIK, Warschau

Man kriegt Wut

■ betr.: „Der Selbstbedienungsladen“, taz vom 19. 4. 13

Auch wenn die Themen „Bafög und Stipendien“ im eigenen Alltag keine Rolle mehr spielen, war ich dankbar für den erhellenden Text von Bernd Kramer, in dem er deutlich macht, wie von der Förderung durch Stipendien diejenigen profitieren, die ohnehin aus begünstigten Familien stammen. Er beschreibt präzise, wie das funktioniert bei den Auswahlgremien, die unter anderem „nach Habitus“ entscheiden, wer als zukünftige Elite für ein Stipendium geeignet ist. Man kriegt Wut, ist aber froh, besser Bescheid zu wissen.

GISELA WÜLFFING, STEINEBACH an der Wied

Gedankenlose Sex-Scherze

■ betr.: „Halb erfrorene Hoden“, taz Wahrheit vom 19. 4. 13

„Mann“ sollte den Einsatz seiner humorvollen Qualitäten sinnvoller und vor allem sensibler steuern. Die Glosse erweckt stellenweise den Eindruck, pädophil-exhibitionistische Vorgänge zu beschreiben. Die Schilderungen einer vermeintlichen Protestaktion vor einer Kindertagesstätte („Kita-Plätze für alle“) sind geschmacklos: „Blitzschnell geht der lange Mantel auf und wieder zu, schnellt das Glied heraus und wird erneut verborgen. In der Tat beeindruckend!“ Zu deprimierend ist jedoch die Tatsache, dass gewisse Männer es krankhaft und zerstörerisch auf Kinder abgesehen haben. Deshalb stellt sich jeder ins Abseits, der sich im Zusammenhang mit Kindern gedankenlose Sex-Scherze erlaubt. Der nackte Mann auf dem Foto ist aus dem politischen Zusammenhang gerissen. CLAUDIA LIEBERS, St. Augustin

Interessante Koinzidenz

■ betr.: „Böse Kontakte“ u. a., taz vom 19. 4. 13

Interessante Koinzidenz: Michah Weissinger fragt sich in seinem Leserbrief auf S. 8 ( „Ins Gegenteil verkehrt“), warum „Sparen für die Eurokrise“ in den Medien und selbst bei Politikern wie Sven Giegold immer noch als alternativlos gilt. Obwohl die nötigen 1.000 Milliarden dank Offshore-Leaks doch greifbar wären. Auf S. 7 („Fast alle retten Zypern“) erfährt man, dass unsere Politiker gerade wieder ein Rettungspaket durchgewinkt haben und einzig Gregor Gysi den Zusammenhang von Zypernkrise und den Vermögen der Superreichen angedeutet hat. Und auf S. 17 liefert Medienforscher Uwe Krüger eine mögliche Erklärung für den kollektiven Sparwahn: korrupte, durch Eliten vereinnahmte Journalisten und deren einseitige Berichterstattung. Stellt deshalb niemand den Politikern die unbequeme Frage, warum sie so wenig Interesse an der Wiederbeschaffung der Offshore-Milliarden haben? RAINER ASSMANN, Filderstadt

Keine neue Lebensart

■ betr.: „Liebe, Sex & Treu“, taz vom 20. 4. 13

Fand den Artikel recht erfrischend, auch wenn ich mich nicht animiert fühlte. An eine neue Lebensart glaube ich weniger, nur die Offenheit hat zugenommen. RAINER HIRSCH