: CSU-Fraktionschef stolpert über Vetternwirtschaft
BAYERN Georg Schmid tritt zurück, weil er seine Frau aus öffentlichen Geldern als Sekretärin anstellte
BERLIN taz | Georg Schmid hat genug. 23 Jahre hat der bayerische CSU-Fraktionschef seine Ehefrau als Sekretärin beschäftigt, ihr monatlich bis zu 5.500 Euro aus öffentlichen Gelder gezahlt – deutlich mehr als der Durchschnittslohn einer Bürokraft. Nachdem die Kritik an dieser Art von Familienjob immer stärker wurde, hat er gestern seinen Rücktritt erklärt. Er habe sich „immer rechtlich und politisch korrekt verhalten“, erklärte er. Doch die öffentliche Diskussion binde ihn derart, dass er nicht mehr Fraktionschef sein könne. Im Landtag will er aber bleiben.
Schmid ist nicht der einzige CSUler, der die bayerische Familienfreundlichkeit großzügig auslegt. Seit Tagen muss sich die Partei mit den Vorwürfen der Vetternwirtschaft herumschlagen. Denn insgesamt führen 17 bayerische Abgeordnete, alle von der CSU, Ehepartner oder Kinder auf der Gehaltsliste. In anderen Ländern ist das ebenso wie im Bundestag verboten. Aufgedeckt hatte das der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim in seinem Buch „Die Selbstbediener“. Mal kümmern sich die Söhne für 200 Euro im Monat um die Computer, mal macht die Ehefrau mittwochs Telefondienst und kriegt 1.000 Euro. Und mal wird die Ehefrau richtig üppig entlohnt, wie im Fall Schmid.
Sie alle handeln legal, denn sie profitieren von einer Ausnahmeregelung. Seit dem Jahr 2000 ist es bayerischen Landtagsabgeordneten verboten, Verwandte ersten Grades zu beschäftigen. Bestehende Verträge durften aber unbefristet weitergeführt werden.
Die öffentliche Debatte darüber hat auch CSU-Parteichef Horst Seehofer aufgeschreckt, kommt sie doch zur Unzeit. Noch immer schwelt über der Partei der millionenfache Steuerbetrug von CSU-Sympathisant und FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß. Im Herbst wird gewählt, die CSU strebt die absolute Mehrheit an.
Seehofer versuchte also, die Aufregung um die Familienjobs zu dämpfen, und wollte am Mittwoch ein Gesetz zum Verbot der Praxis durch den Landtag peitschen. Die Opposition verhinderte das und forderte eine ausführliche Debatte. Denn für SPD und Grüne ist der Fall ein willkommenes Fressen. Genüsslich kommentierte etwa SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher den „meterdicken Filz“. Den Rücktritt von Schmid bezeichnete er als unausweichlich und forderte Aufklärung auch über andere Beschäftungsverhältnisse. Er sprach sich zudem für den Rücktritt von Georg Winter, Vorsitzender des Haushaltsausschusses, aus. Der hatte 2000 seine damals13- und 14-jährigen Söhne als wissenschaftliche Mitarbeiter angestellt.
Der jetzt zurückgetretene Schmid hatte gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt, das Arbeitsverhältnis seiner Frau sei aus heutiger Sicht ein Fehler. Er hat ihr gekündigt. Wer Schmid folgt, ist unklar. PAUL WRUSCH