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Archiv-Artikel

„Politisch ist vieles möglich“

WAHL Die SPD entscheidet darüber, wen sie im kommenden Jahr ins EU-Parlament entsenden will

Joachim Schuster

■ 50, promovierter Politikwissenschaftler, war von 2006 bis 2012 Staatsrat im Gesundheits- und Sozialressort.

taz: Heute soll die SPD Sie zum Kandidaten für die Europawahlen 2014 ausrufen. Warum wollen Sie ins Europäische Parlament einziehen, Herr Schuster?

Joachim Schuster: Ich will die bremischen Interessen in Brüssel vertreten und an einer Veränderung der Politik in Europa mitwirken.

Es geht also nicht nur darum, dass Sie einen neuen Posten brauchen, weil Sie nun nicht mehr Staatsrat sind?

Nein. Natürlich würde sich das gegenseitig ausschließen, wenn ich weiter Staatsrat wäre. Doch ich trete aus inhaltlicher Überzeugung als Kandidat an. Ich hatte aber früher schon viele Bezüge zur europäischen Politik.

So haben Sie 1993 über die Perspektiven der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion promoviert. Der Titel: „EG am Scheideweg“.

Wir stehen heute wieder vor einer grundlegenden Richtungsentscheidung. Das, was die Bundesregierung derzeit macht, wird die Krise in Europa aber verschärfen. Sie versucht, eine Sparpolitik durchzusetzen, die den südeuropäischen Staaten nicht gerecht wird.

Was müsste getan werden?

Man muss als erstes die Wachstumskräfte in diesen Staaten stärken, um auf diesem Wege auch deren Haushalte wieder in den Griff zu bekommen. Und die Ursachen der Verschuldung müssen bekämpft werden – die aber liegen nicht in einer überbordenden Ausgabenpolitik.

Ist das jetzt ein Plädoyer für ein Konjunkturprogramm?

Nein. Es wäre Unsinn, diese Länder jetzt von hier aus durch massive Transfers zu stützen. Es geht als erstes darum, für ein vernünftiges Zinsniveau zu sorgen.

Sehen Sie den Euro gefährdet?

Ja. Wer fordert, aus dem Euro auszutreten, hat lange vergessen, wie die Situation war, bevor es ihn gab.

Wobei man aus dem Euro auch nicht einfach austreten kann.

Politisch ist am Ende des Tages vieles möglich – aber es wäre das Fatalste, was passieren könnte.

Die EU hat bei vielen Menschen einen schlechten Ruf. Was wollen Sie da tun?

Wir müssen Transparenz herstellen und europäische Debatten führen. Es ist ein Unding, dass Regierungen hinter verschlossenen Türen milliardenschwere Rettungspakete aushandeln und das Parlament dann nur noch zustimmen oder ablehnen kann. Zugleich muss man aufzeigen, welche positiven Folgen die europäische Integration für Bremen ganz konkret hat.

Das letzte Mal ist Karin Jöns, die Bremer EU-Parlamentarierin der SPD, bei der Wahl gescheitert. Wie soll verhindert werden, dass das wieder passiert?

Es wird eine bundesweite SPD-Liste geben. Wir treten dafür ein, dass Bremen einen aussichtsreichen Platz bekommt. Es gibt da noch keine abschließende Festlegung.  INTERVIEW: JAN ZIER

Ab 10 Uhr, BLG-Forum, Speicher XI