Wenn KünstlerInnen Druck machen

Von Feuerwehrleuten in Buchform und Fotoromanen auf Vinyl. Publizierte Kunst der 90er im Weserburg-Museum

Bremen taz ■ Peter Piller hat gesammelt. Tausende, nein, zehntausende von Fotos aus Regionalzeitungen und Heimatblättern. Feuerwehrleute bei Ehrungen, strahlende Menschen bei Autoübergaben, von Gemeinden geplante Bauplätze. Das alles hat der Hamburger Künstler säuberlich sortiert und in Buchform auf den Markt gebracht, acht Bände gibt es mittlerweile. Aus engem Dorfleben, aus purem Kleinstadtmuff hat Piller Kunst gemacht. Im Gedruckten, Veröffentlichten, Multiplizierten.

Publizierende KünstlerInnen, die Kunst im Buch, dieses Genre hatte in den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts seine Blütezeit. Und doch haben sich Künstlerpublikationen in eigener Form in die Neuzeit gerettet. Dies verdeutlicht ab Sonntag die Ausstellung „Die 90er. Vom Künstlerbuch zur CD-ROM“ des Studienzentrums für Künstlerpublikationen (ASPC) im Neuen Museum Weserburg. Die Exponate stehen sinnbildlich für das Zeitgefühl und die künstlerische Atmosphäre des ausgehenden Jahrtausends.

Bücher, Alben und Poster, aber auch Videoinstallationen und CDs sind dabei Grundlage und Transportmittel der Kunst zugleich. Es sei ein Überblick aus einem Jahrzehnt, in dem das publizierte Kunstwerk als Gattung angekommen sei, sagt Kuratorin Anne Thurmann-Jajes. „Alles aus ureigenstem Museumsbestand, der größten Sammlung in Europa.“ Die rund 200 Exponate, darunter Arbeiten von Douglas Gordon, Matthew Barney oder Barbara Bloom, zeigen aus Platzgründen auch nur einen Ausschnitt des Materials aus der „zentralen Herzkammer des Hauses“, wie es der neue Direktor, Carsten Ahrens, ausdrückt.

Dabei sind es eben nicht nur Bücher, die in den Räumen des ASPC gezeigt werden. Bei Paul McCarthy darf das Ergebnis dann schon mal in Teppich eingewickelt sein, das Bremer Künstlerduo Korpys/Löffler arbeitet mit Gedrucktem, „aber immer an der Grenze zum Film“, sagt Thurman-Jajes. Auch die Schallplatte kam vor zehn Jahren wieder zu Ehren. Nun, da die Gebrauchsmusik auf CD daherkam, wurde neben dem Cover sogar das nackte Vinyl zur Projektionsfläche. Die Künstler vom „Institut für bezahlbaren Wahnsinn“ druckten einen kleinen Fotoroman auf ihre Platte. Was auf dieser letztlich zu hören war, ist dann auch wirklich nebensächlich. Achim Graf

„Die 90er. Vom Künstlerbuch zur CD-Rom“, im Neuen Museum Weserburg. Eröffnung Sonntag, 8. Januar um 11.30 Uhr, Ausstellung bis 19. März 2006