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Archiv-Artikel

Schmerzhafte Herzenssache

AUSSTELLUNG Die Körperwelten-Ausstellung des Leichenpräparators Gunther von Hagens macht im Februar Station in Bremen. Und löst das bereits bekannte Unbehagen aus

VON JOHANN TISCHEWSKI

„Ich denke, dass ich die Meinung der meisten Christen vertrete, wenn ich sage: Das zur Schau stellen toter Menschen ist unmoralisch“, sagt Renke Brahms, Schriftführer der Bremerischen Evangelischen Kirche – und folgt damit genau dem mittlerweile standardisierten Muster. Egal wo Gunther von Hagens mit seinen Ausstellungen auch hinkommt, der Protest ist schon vor ihm da. Und mit ihm: die Publicity.

Vom 5. Februar an wird die Ausstellung „Körperwelten – eine Herzenssache“ in einem ehemaligen Postamt in der Nähe des Bremer Hauptbahnhofs zu sehen sein. Gezeigt werden über 200 plastinierte menschliche Leichen, Gliedmaßen und Organe. Die Plastination ist ein Konservierungsverfahren, bei dem die Zellflüssigkeit von Leichenteilen durch Plastik ersetzt wird, wodurch die Leichenteile erstarren.

Zuletzt machte Gunther von Hagens durch verschiedene medienwirksame Konflikte mit dem Gesetz auf sich aufmerksam. So wurde ihm vergangenen Sommer in Augsburg und Köln untersagt, zwei plastinierte Leichen beim Geschlechtsakt zu zeigen. Als er etwas später die beiden Plastinate bei einer Ausstellung in Berlin dann doch zeigen konnte, titelte die Bild-Zeitung: „Dr. Tod zeigt Leichensex in Berlin“. Der öffentliche Protest wurde nur von dem Besucherandrang übertroffen. Kurz darauf gab er bekannt, in einem „Anatomischen Theater“ Leichen vor zahlendem Publikum öffentlich zu zerlegen, was ihm ein Berliner Gericht jedoch untersagte. Bild: „Dr. Tod darf nie mehr live an Leichen schnippeln.“

Bremen ist für von Hagens eine besonders große Bühne. Schon vor sechs Jahren wollte er hier ausstellen. Doch Kirche und Politik verhinderten damals die Leichenschau. Und auch dieses Mal schaltete sich neben der Kirche auch die Politik ein: Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) erklärte, dass er die Ausstellung „mit der Würde des Menschen für nicht vereinbar“ halte. Der grüne Koalitionspartner distanzierte sich ebenfalls von dem Ausstellungskonzept.

Dabei lässt sich bei den Körperwelten-Ausstellungen meist durchaus eine aufklärerische Grundidee erkennen. Schwerpunkt der Ausstellung in Bremen wird das Herz mit seinem weit verzweigten Gefäßsystem sein. In der Vorankündigung heißt es, die Präsentation sei als Selbstentdeckungsreise konzipiert. Beginnend vom Skelett über das Zusammenwirken der Muskulatur bis hin zur Entwicklung des Menschen im Mutterleib erhalte der Besucher ein detailliertes Bild über den Aufbau seines Innenlebens.

Nur leider belässt es Gunther von Hagens nicht dabei. Für die Inszenierung seiner Plastinate verlässt er immer wieder die Ebene der wissenschaftlichen Nüchternheit und wendet sich einer affektierten Theatralik zu. Da ist etwa die als Rockmusiker präparierte Leiche mit der Elektrogitarre in der Hand oder die drei Plastinate, die in lässiger Pose um einen Tisch gruppiert sind und Poker spielen.

Auf den Geschlechtsakt verzichtet von Hagens in Bremen allerdings. Doch damit ist nicht gesagt, dass er nichts anderes findet, womit er ein bisschen anstoßen könnte. Körperwelten hält traditionell die Posen seiner Plastinate bis zur Vernissage geheim.

■ Körperwelten – eine Herzenssache: 5. 2. bis 25. 5., Postamt 5, An der Weide, Bremen