: Vom Ende der UnschuldUraufführung
Dieser Theologe, dieser Pastor war einer der wenigen, wenn man so will, Unschuldigen im Deutschland der Nationalsozialisten. Schon in den frühen Dreißigern protestiere Dietrich Bonhoeffer gegen den nationalistisch-völkischen Mainstream jener Zeit, der auch in den Kirchen böse wirkte, im Namen seines Glaubens gegen die Verfolgung und Entrechtung von Juden.
Ein Schaf – in der Welt der Tiere ein Exemplar der Unschuld überhaupt – mit dem Namen „Shaun“ spielt in einer Oper, die heute in der Hamburger Kampnagelfabrik Premiere hat, eine gewichtige Rolle. „Vom Ende der Unschuld“ heißt dieses Auftragswerk des Kirchentages, komponiert und getextet von Stephan Peiffer, Theresita Colloredo und David Gravenhorst. Die Oper ist dem Theologen Dietrich Bonhoeffer gewidmet, der in einem Konzentrationslager kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieg gehenkt wurde. Der Untertitel lautet: „Was ist in Deutschland durch unser Volk geschehen und wie gehen wir damit um?“ Das ist typisch evangelisch: Schaue dir nicht Dinge und Geschehnisse und Schicksalhaftes an, ohne dich zu fragen, was es mit dir macht!
Die Frage der nationalsozialistischen Mitermöglichung durch die Kirchen im Namen Christi bleibt auch in Hamburg auf dem Kirchentag präsent – diese Zeit kann nicht vergehen, weil ihre Wunden nicht heilen können. Wie auch? Der rechte Terror der NSU ist in Hamburg eines unter vielen Themen. Schade, dass die Angst der MigrantInnen in Deutschland vor Anschlägen durch Neonazis nicht stärker in den Fokus gerückt wird – es wäre auch eine heutige Erinnerung an den tapferen Dietrich Bonhoeffer. Es wäre so leicht: Pfarrer aus dem Osten der Republik könnten berichten, wie es ist, wenn ihre Gemeinden mangels Geld faktisch geschlossen werden müssen. Ihren Dörfern und Weilern fehlt dann eine glaubwürdige Stimme gegen den rechten Zeitgeist – etwa in der Prignitz. JAN FEDDERSEN
■ Donnerstag 19.30 Uhr, kampnagelbabrik, Hamburg