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Archiv-Artikel

Wer seine Sünden selber schätzt, muss großzügig sein

STEUERRECHT Eine fehlerhafte Selbstanzeige kann wohl nicht mehr korrigiert werden. Das dürfte Uli Hoeneß zum Verhängnis werden

FREIBURG taz | Kann eine fehlerhafte Selbstanzeige geheilt werden? Das ist eine der zentralen Fragen im Fall Hoeneß. Die Chancen stehen dabei nicht gut für den Bayern-Präsidenten.

Uli Hoeneß hat am 12. Januar dem Finanzamt Miesbach mitgeteilt, dass er Steuern hinterzogen hat, aber bereit ist, diese nachzuzahlen. Eine derartige Selbstanzeige führt im Steuerrecht zur Straffreiheit – wenn die Tat noch nicht entdeckt war und die Selbstanzeige vollständig ist.

Die von Hoeneß’ Steuerberater in großer Eile verfasste Selbstanzeige war aber offensichtlich nicht vollständig. Hoeneß reichte deshalb im Februar eine zweite, ausführlichere Selbstanzeige nach. Konnte Hoeneß so die Straffreiheit retten? Abstrakt gesehen gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die zweite Selbstanzeige „heilt“ die Fehler der ersten. Oder die Tat gilt nach der ersten Selbstanzeige als entdeckt. Dann kommt die zweite Selbstanzeige schlicht zu spät.

Der Frankfurter Fachanwalt für Steuerrecht Tobias Schwartz hat sich bereits vor Bekanntwerden des Falles Hoeneß in einem Fachaufsatz mit dem Thema beschäftigt. Er geht davon aus, dass Steuerbehörden und Strafgerichte die spätere Korrektur einer Selbstanzeige nicht akzeptieren werden. Konkrete Urteile gebe es hierzu bisher aber nicht.

Auch Schwartz kennt das Problem, dass es bei der Selbstanzeige schnell gehen muss. Wenn Mandanten Angst vor Entdeckung haben, ist oft keine Zeit mehr, alle Finanztransaktionen im Detail nachzuvollziehen und alle Fehlerquellen genau zu durchdenken. Dabei könne das durchaus einige Wochen dauern, etwa wenn jemand mit dem Geld intensiv spekuliert hat (wie Uli Hoeneß) und es um Tausende von Vorgängen geht.

In solchen Fällen helfe nur eines: „Dann muss man die Erträge schätzen und ausreichende Sicherheitszuschläge hinzurechnen“, sagt Anwalt Schwartz. Denn wenn die Selbstanzeige zu niedrig ausfällt, gilt sie als unvollständig und ist damit unwirksam. Fällt die Schätzung dagegen zu hoch aus, sei das kein Problem. Die Straflosigkeit bleibe bestehen und der Betroffene könne für die Berechnung der nachzuzahlenden Steuern später eine exakte, in der Regel niedrigere Rechnung vorlegen.

Anders als manche Medien nun behaupten, ist die Erstellung einer wirksamen Selbstanzeige also keine juristische Artistik, die kaum ein Anwalt fehlerlos beherrscht. Mit einer großzügig geschätzten Selbstanzeige kann das Risiko vielmehr stark verringert werden. Und genau deshalb musste sich wohl auch die Rechtsprechung noch nicht mit der Frage beschäftigen, ob eine falsche Selbstanzeige später geheilt werden kann. CHRISTIAN RATH