Lapsus oder Absicht?

Heilmann irritiert CDU

Heilmann ist ein Kommunikationsprofi und kein Dampfplauderer

Das sieht nicht so schlau aus, was da der scheinbar so coole Thomas Heilmann, CDU-Vize und Justizsenator, diese Woche von sich gegeben hat: dass die CDU wohl auch nach der Wahl 2016 nicht den Regierenden Bürgermeister stellen werde. Weil dann SPD und Grüne, beide nach links gerückt, voraussichtlich koalieren würden. Stimmt alles – aber das sagt man eben nicht. Vor allem nicht fünf Monate vor der Bundestagswahl, wenn es darum geht, Mitglieder und Anhänger zu motivieren.

In der Sache hat Heilmann natürlich recht, da können andere CDU-Obere jetzt noch so viel erzählen. Seine Partei ist zwar in den Umfragen deutlich auf inzwischen 28 Prozent gestiegen und steht damit klar vor der SPD mit 24 und den Grünen mit 21 Prozent. Doch selbst, wenn daraus jene 40 Prozent würden, die die CDU zu ihren Hochzeiten in den 90ern hatte: Eine parlamentarische Mehrheit hätte sie damit nicht.

Damals reichte es, weil für die SPD ein Bündnis mit der PDS (heute: Linke) tabu war und sie lieber den Juniorpartner im Senat gab. Das ist heute anders: Wäre die CDU in Berlin stärker als SPD und Grüne zusammen – eine illusorische Annahme –, Rot-Grün könnte sich die Linke als dritten Partner hinzuholen. Dass SPD oder Grüne lieber kleiner Partner der Schwarzen als Teil einer linken Koalition wären, ist derzeit schwer vorstellbar.

Aber es gibt eben Dinge, über die spricht man nicht öffentlich. So wie über Faltenkriegen oder Inkontinenz. Insofern ist es schon reichlich ungeschickt, dass Heilmann so ein Lapsus coram publico bei einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer unterlaufen ist.

Weil aber der Werbefachmann Heilmann ein Kommunikationsprofi und kein Dampfplauderer à la Lothar Matthäus ist, fragt sich, ob das wirklich ein Lapsus war. Oder ob der Senator seiner Partei zu verstehen geben wollte: Mit ihrer jetzigen Ausrichtung und unter der jetzigen Führung hat die CDU keine Chance, vielleicht aber mit einem anderen an der Spitze – mit ihm.

Sicher, ein Heilmann läge den Grünen näher als der gegenwärtige CDU-Landeschef Frank Henkel, den sie seit seiner Zeit als innenpolitischer Sprecher als inkompatibel abgespeichert haben. Und falls SPD und Grüne bei der Bundestagswahl eine Bruchlandung machen, könnte es mit dem rot-grünen Schmusekurs schnell vorbei sein. Dann könnte der nette Herr Heilmann als tröstende Alternative durchaus infrage kommen. STEFAN ALBERTI