: Liberale hauen auf Rot-Grün ein
PARTEITAG Die FDP geißelt in Nürnberg „Ökosozialismus“ à la SPD und Grüne und verabschiedet ihr Wahlprogramm. Im Zentrum stehen der Schuldenabbau – und ein bisschen mehr Mindestlohn
NÜRNBERG afp | Die FDP zieht mit etwas sozialerem Profil und klarer Abgrenzung zu SPD und Grünen in den Bundestagswahlkampf. Auf dem Programmparteitag in Nürnberg öffneten sich die Liberalen am Wochenende auf Vorschlag von Parteichef Philipp Rösler mit knapper Mehrheit einer vorsichtigen Ausweitung von Mindestlöhnen. Rösler und Spitzenkandidat Rainer Brüderle warben für die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition.
Der Antrag der Parteiführung zu Mindestlöhnen wurde am Samstagabend von den 662 Delegierten kontrovers diskutiert. Mehrere Landesverbände hatten Gegenanträge vorgelegt. FDP-Vizechef Holger Zastrow warnte vor einer Gefährdung des Aufschwungs im Osten: „Das soll meine FDP sein? Nicht mit mir!“
Rösler hingegen kritisierte Geschäftsmodelle, in denen Beschäftigten „dauerhaft drei Euro die Stunde“ gezahlt würden. Auch in einem freien Wettbewerb müssten klare Regeln dafür sorgen, dass „am Ende die besten sozialen Ergebnisse herauskommen“. Trotz des knappen Votums von 57,4 Prozent für den Antrag der Parteispitze zog Rösler am Sonntag ein „absolut positives Fazit“. Das Ergebnis werde geschlossen von allen mitgetragen.
Die FDP will die bestehenden Möglichkeiten für regionale und branchenspezifische Lohnuntergrenzen ausweiten. Das letzte Wort sollen dabei Arbeitgeber und Gewerkschaften haben. In Branchen ohne Tarifpartner könnte eine Kommission Lohnempfehlungen abgeben. Die Liberalen nähern sich damit der Position des Koalitionspartners Union an, einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn lehnen sie weiter strikt ab.
Mit großer Angriffslust widmete sich die FDP-Spitze der Opposition: „Rot-Grün würde am liebsten die Menschen in Deutschland im ökosozialistischen Gleichschritt laufen lassen“, sagte Brüderle. „Das ist das Gegenprogramm zu unserem Programm.“ Rösler kritisierte die Steuererhöhungspläne der Grünen als „grüne Belastungsorgie“. Der SPD warf er vor, „einen kapitalen Raubzug durch die Mitte der Gesellschaft zu planen“.
In ihrem bei einer Gegenstimme beschlossenen Wahlprogramm macht die FDP den Schuldenabbau zur Kernforderung. Steuerentlastungen soll es geben, wenn Spielraum vorhanden ist. Die Liberalen wollen das Ehegattensplitting beibehalten, das auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften ausgeweitet werden soll. Zur Förderung der Integration will die Partei die doppelte Staatsbürgerschaft zulassen. Ein Antrag zur Einführung einer innerparteilichen Frauenquote wurde auf dem Parteitag gar nicht erst beraten.
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