: Viel Lärm um die Volleys
VOLLEYBALL Der Meistertitel geht wieder nach Berlin, wo man es schafft, einer als Randsportart verschrienen Disziplin jede Menge Publikum zu verschaffen
AUS BERLIN JENS UTHOFF
Die Berliner Max-Schmeling-Halle auszuverkaufen, das gelingt üblicherweise Bob Dylan, Madonna oder auch den Beatsteaks – von solchen Pop-Acts erwartet man nichts anderes. Aber von einem Volleyballteam? Von sechs pritschenden, schmetternden und baggernden Herren? Von diesen Vertretern einer Randsportart konnte sich das bis vor Kurzem kaum jemand vorstellen.
Die Berlin Volleys haben das geschafft. Am vergangenen Donnerstag strömten 8.553 Zuschauer zum dritten Playoff-Finalmatch in die Halle. Da vergaben sie mit einer 1:3-Niederlage gegen den VfB Friedrichshafen noch die Chance, zum zweiten Male hintereinander Deutscher Meister zu werden. Am Sonntagabend konnten sie dafür dann auswärts feiern: Dank eines packenden 3:2-Sieges am Bodensee ging die Schale an die Spree.
Das Erfolgsprojekt von Manager Kaweh Niroomand und Trainer Mark Lebedew geht somit weiter. Die Berliner schnappten dem Abo-Meister Friedrichshafen (sieben Meistertitel, vier Doubles, ein Triple inklusive Champions League-Sieg seit 2005) nach 2012 einfach nochmal den Titel weg. „Uns geht es nicht um eine Wachablösung, uns geht es darum, das Projekt Volleys weiterzuentwickeln“, sagt Niroomand. „Von den Erfolgen Friedrichshafens sind wir hier noch weit entfernt.“ Niroomand ist seit über 20 Jahren Geschäftsführer der Volleys, die bis vor zwei Jahren SCC Berlin hießen.
Das Projekt lautet, aus dem Hallenvolleyball der Männer eine Marke zu machen, das Spektakel gut zu verkaufen. Das gelingt den Berlin Volleys dank ihres jüngsten Erfolgs hervorragend. Jeden der im Schnitt mittlerweile gut 4.200 Besucher können sie davon überzeugen, welch großen Nervenkitzel diese Sportart bieten kann. „Wir wollen für den Volleyball hier Lobbyarbeit betreiben“, sagt Niroomand, „vom sportlichen Erfolg ist das natürlich abhängig.“
Die Berliner waren das beste Team der Hauptrunde, gewannen 19 Spiele bei nur einer einzigen Niederlage beim TV Ingersoll Bühl. Durch die Playoffs marschierten sie locker, auch hier standen sie im Halbfinale den Bühlern gegenüber. Diesmal war es eine klare Angelegenheit – alle drei Spiele gewannen sie. Ironie der Geschichte war es dann, dass zum neuen Zuschauerrekord (bundesweit) im dritten Finale gar nichts gelingen wollte und man die erste Heimniederlage hinnehmen musste.
Mit den ebenfalls aufstrebenden Hachingern, die in der Hauptrunde Zweiter wurden, hat sich in den vergangenen Jahren ein Spitzentrio in der Bundesliga gebildet. Vielleicht können die Berliner, die in dieser Saison mit etwa 1,5 Millionen Euro hinter Friedrichshafen (2 Millionen) den zweitgrößten Etat hatten, sich gar absetzen.
Dabei haben sie vor allem mit dem lange in Italien aktiven Nationalspieler Robert Kromm (Außenangreifer) und dem australischen Diagonalangreifer Paul Carroll zwei Spieler, denen Jürgen Klopp wahrscheinlich „brutale Qualität“ bescheinigen würde. Brutale Qualität haben aber etwa auch Zuspieler Kawika Shoji, der immer wieder für Überraschungsmomente sorgt, oder Mittelblocker Felix Fischer. Und brutale Qualität hat eben auch die Kulisse in der Schmelinghalle, die bei jedem Shoji-Hecht, jedem Carroll-Smash und jedem Fischer-Block für erstaunlich viel Lärm sorgt.
Geht das Projekt Volleys jetzt international weiter? „Erst mal müssen wir uns national da oben festsetzen“, sagt Niroomand. „Aber natürlich ist auch jedes Champions-League-Spiel wichtig für uns.“ In diesem Jahr scheiterte man in den Playoffs gegen Zenit Kazan aus Russland. Aber Niroomand träumt natürlich auch hier von einer Final-Four-Endrunde mit den Volleys, die dann in Berlin stattfindet. Vor vollen Rängen.