: EU will Solarfirmen schützen
STROM Die EU-Kommission einigt sich auf Strafzölle gegen Dumping-Solarmodule aus China. Der Schuss könnte nach hinten losgehen. Peking warnt vor einem Handelskrieg
VON FELIX LEE
PEKING taz | Die Europäische Union macht Ernst mit ihrer Drohung. Am Mittwoch ist durchgesickert, dass die EU-Kommission zum 6. Juni einen Strafzoll auf die Einfuhr von chinesischen Solarmodulen verhängen will.
Der Satz ist beträchtlich: Solarmodule aus China könnten mit bis zu 68 Prozent Strafzoll belegt werden, sollten die chinesischen Unternehmen nicht offenlegen, welche Subventionen sie vom Staat erhalten. Und selbst jene Firmen aus der Volksrepublik, die bei dem Antidumping-Verfahren mit der EU kooperieren, sollen mit mindestens 37 Prozent Strafzoll belangt werden. Die Zölle werden zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten erhoben. Um die Zölle auf fünf Jahre zu verlängern, müssen die EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Es ist das bislang größte Antidumping-Verfahren der EU.
Die Reaktionen aus China ließen nicht lange auf sich warten. Höflich, aber bestimmt warnte der Sprecher des chinesischen Handelsministerium vor einem „Handelskrieg“. „Wir hoffen, dass die EU noch zu einer umsichtigen Entscheidung findet.“
Die Beschwerde vor der EU-Kommission geht auf eine Initiative der angeschlagenen Firma Solarword zurück. Der einstige deutsche Branchenprimus sieht in den chinesischen Wettbewerbern den Hauptgrund für den Niedergang der europäischen Solarindustrie. 80 Prozent aller Solarprodukte in Europa kommen inzwischen aus der Volksrepublik. Solarworld wirft China vor, über marktverzerrende Subventionen Kostenvorteile für seine eigenen Unternehmen geschaffen zu haben. Das habe weltweit zu Überkapazitäten geführt und den Preisverfall ausgelöst. Der Preis von Solarmodulen ist innerhalb von drei Jahren um fast 75 Prozent gefallen.
Doch sosehr Solarworld nun jubelt – andere Unternehmen kritisieren den Vorstoß der EU-Kommission. Die Allianz für bezahlbare Solarenergie, in der sich 450 europäische Unternehmen der „vor- und nachgelagerten Solarindustrie“ zusammengeschlossen haben, sieht nun die Existenz ihrer Unternehmen gefährdet. Sie profitierten bislang von günstigen Modulen aus China und warnen, dass wegen der Strafzölle allein in Deutschland rund 81.000 Arbeitsplätze gefährdet seien, etwa bei der Installation der Anlagen.
Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer bezeichnet die Probleme von Unternehmen wie Solarworld als „selbst verschuldet“. Sie hätten in den vergangenen Jahren versäumt, ausreichend in neue Technologien zu investieren. Chinas Solarindustrie habe „ein hochproduktives Niveau erreicht“, das auch ohne staatliche Subventionierung überlegen sei.
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