Arbeitsmarktpolitik : Senat auf dem Irrweg
Nun ist es amtlich: Ein-Euro-Jobs taugen nicht als arbeitsmarktpolitisches Integrationsinstrument. Was das Gesetz als Zweck vorsieht, kann das repressive Mittel nicht einlösen. Auch das viel gepriesene Interesse der Betroffenen an den Zusatzjobs ändert nichts an diesem Umstand, sondern ist ein Beleg für die völlige Unnötigkeit eines Instruments, das nur der Erprobung der Arbeitswilligkeit dient.
Gastkommentar von Gabi Gottwald
Die Reduzierung der Plätze ist nicht zu kritisieren; die avisierte Reduzierung der Mehraufwandsentschädigung auf 120 Euro für die Zusatzjobber ist eine Gemeinheit. Die richtige Konsequenz aus der gewonnenen Einsicht wäre die Abschaffung der Zwangsmaßnahme und an Stelle dessen die Finanzierung zusätzlicher sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsmöglichkeiten, die eine Existenzsicherung ohne staatliche Transferleistung erlauben.
Stattdessen soll mit einem Kombilohn-Modell ein staatlich subventionierter Niedriglohnsektor aufgebaut werden. Denn selbst wenn der Arbeitnehmer Tariflohn erhalten soll, wird der Branchentarif über den Lohnzuschuss an den Arbeitgeber gedumpt. Staatshandeln torpediert so die gesetzlich garantierte Tarifautonomie. Das Kombilohn-Modell verfolgt das ordnungspolitische Ziel, über staatlich induziertes Lohndumping das Tarifgefüge im regulären Arbeitsmarkt nach unten zu drücken.
Neue Arbeitsplätze entstehen dadurch nicht, denn die Abnahme unqualifizierter Tätigkeitsfelder im niedrig entlohnten Segment ist nicht Folge zu hoher Löhne, sondern resultiert aus der sinkenden Nachfrage nach unqualifizierter Tätigkeit seitens der Arbeitgeber. Mit diesem arbeitsmarktpolitischen Irrweg wird den künftig betroffenen Leiharbeitern keine berufliche Perspektive eröffnet.
Die Restriktionen in der Weiterbildung pervertieren endgültig den zentralen Gedanken der öffentlich finanzierten beruflichen Bildung: Eine umfassende Qualifizierung – möglichst mit Berufsabschluss – schafft individuell die besten nachhaltigen Eingliederungschancen.
Wird aber der potenzielle Arbeitsplatz zur Voraussetzung der Weiterbildung, scheiden längerfristige Maßnahmen mit Berufsabschluss aus. Und selbst Kurzläufer dürften Mangels offener Arbeitsangebote zu Einzelfällen werden. Damit wird das Ziel erreicht, das seit Jahren vorbereitet wird: Langzeitarbeitslose, die mehrheitlich keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, werden aus der öffentlichen Weiterbildung ausgeschlossen. Den noch verbliebenen Trägern wird der Todesstoß versetzt.
Wer den Beweis antreten will, dass Arbeitsmarktpolitik überflüssig, wenn nicht gar schädlich ist, der fängt es so an, wie Hamburg es derzeit plant.