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Archiv-Artikel

Bleibt alles anders

Portwein ist von langer Tradition geprägt. Das hindert neugierige Entdecker nicht daran, ihn auf eigene Art zu genießen. Fragen der Etikette konzentrieren sich auf die Flasche. Warre’s Otima hat das beherzigt

„Gediegenes Ambiente mit weißen Tischdecken, gesetzte Herren in feinen Anzügen: mit solchen Bildern ist bei vielen nach wie vor der Genuss von Portwein verbunden“, sagt Dominic Symington. „Aber die Wirklichkeit ist vielfältiger, die Zeiten ändern sich.“ Mit Portwein, seiner heutigen Kultur und seiner jahrhundertelangen Geschichte kennt Symington sich aus. Seine Familie ist seit 1882 in Porto ansässig. Ihre Mitglieder besitzen als Unternehmen und als Privatpersonen 13 Quintas, auf denen Portwein entsteht – mittlerweile in der vierten Generation. Neben einer Reihe von Portweinhäusern nennt die Familie mit „Warre’s“ auch das älteste britische ihr Eigen. 1670 wurde das Unternehmen von zwei englischen Firmen gegründet. Ausgerechnet unter diesem traditionsreichen Namen haben die Symingtons nun einen Port kreiert, der mit den neuen Zeiten gehen soll.

Mit „Otima“ ist ein Tawny entstanden, der sich vom verstaubten Portwein-Image abheben soll. Diesen Anspruch signalisiert schon die weiße Flasche, in der das satte Goldorange des Weins zur Geltung kommt – im Gegensatz zu den herkömmlichen, meist dunklen Flaschen. „Aber wir haben mit dem Otima nichts völlig Neues geschaffen, wir wollten nicht das Rad neu erfinden“, betont Symington. Schließlich sei bei Warre‘s die Wahrung bewährter Tradition geboten. „Das Aroma des Otima ist betont leicht und frisch, das soll vor allem jüngere Leute ansprechen“, so Symington. Warre‘s Otima, der als „10 Year Old“ für 16,90 Euro in der Halbliterflasche verkauft wird, ist auch beim Preis auf Einsteiger zugeschnitten. Eine Befragung habe ergeben, dass sich auch 18- bis 25-Jährige für das Getränk begeistern könnten. Eine Klientel, die bisher vernachlässigt wurde. Früh übt sich: Wer Geschmack an Wein gefunden und sich durch verschiedene Geschmacksrichtungen getrunken hat, landet irgendwann auch beim Port. Graue Haare muss man bis dahin nicht bekommen haben – und auch weiße Tischdecken oder Anzüge sind für einen guten Schluck nicht unbedingt vonnöten.

Das kann Karsten Kubin bestätigen. Seit 20 Jahren verkauft er in der Charlottenburger Weingalerie portugiesische Weine und Portweine. „Leute, die sich für Portwein interessieren, sind oft jünger, als man vermuten könnte.“ Egal wie alt die Kunden sind, in der Regel ist das Informationsbedürfnis bei den Port-Käufern größer als bei anderen Weinen. Das fängt bei den sehr unterschiedlichen Portweintypen an (siehe Kasten), setzt sich bei unzähligen Auswahlmöglichkeiten fort und hört bei enormen Preisspannen noch lange nicht auf. Kubin hat in der Weingalerie weit über 250 verschiedene Ports im Angebot. Dieses breite Sortiment findet weltweit Interessenten, bis hin nach Australien. Die teuerste Flasche kostet 1.600 Euro. Dazu darf’s dann auch gerne eine weiße Tischdecke und ein Anzug sein. LARS KLAASSEN