WAHRE SCHREIBTISCHE. HEUTE: DIETER GRÖNLING – DER SPEZIALIST ODER ICH MACH DAS SCHON, ES KANN ABER AUCH ETWAS DAUERN

Jeder Koch hat seine Mise en place, seine eigene Art, in der Küche den persönlichen Arbeitsplatz einzurichten mit Gewürzen und Kochgeräten und allerlei Dingen, die zum Gelingen eines Gerichts notwendig sind. Auch Autoren und Schriftsteller inszenieren ihre Schreibtische nach sehr eigenen Vorstellungen. Die Wahrheit hat sich an den Arbeitsplätzen ihrer Köche umgesehen.

Mit diesem Vorspann haben wir elf Folgen lang die Schreibtische der Wahrheit-Autoren Tom Wolf, Ralf Sotscheck, ©Tom, Wiglaf Droste, Anke Richter, Fritz Tietz, Corinna Stegemann, Michael Rudolf, Fritz Eckenga, Ilke S. Prick und Michael Ringel vorgestellt. Jetzt soll das Dutzend voll werden, und da ist es logisch, dem Schreibtisch-Serienentwickler Dieter Grönling mal auf die Finger beziehungsweise auf den Tisch zu schauen. An solch einem massiven Marmor-Trumm entstehen also die Ideen des Wahrheit-Spezialisten. Denn „Spezialist“ steht als Berufsbezeichnung auf Grönlings Visitenkarten (1), die er in einem silbernen Etui bereithält.

Seine bisherigen Berufe sind Legion, so war Grönling auch einmal Tonmeister, wie das historische Mikrofon (2) beweist. Der tragbare Computer (3) funktioniert zwar kabellos, doch auf dem kleinen, liebevoll umhegten Gerät schreibt Grönling all seine Werke. Der große Computer (4) ist laut Auskunft seines Besitzers „nur da, um mal was im Internet nachzugucken“. Danach wird er sofort entsorgt, wie die hier zufällig gerade eingeblendete Systemmeldung weiß auf schwarz beweist.

In einem weiteren Beruf ist Grönling Vogelliebhaber. Der das Adressverzeichnis beaufsichtigende Linux-Pinguin (5) heißt „Bautzi“, weil er genau das immer tut – und wenn er nicht umfällt, lässt er sich im Urlaub zusammen mit „Lapperstorch“ (6) am Strand von Lanzarote fotografieren. „Lapperstorch“ übrigens war in seinem ersten Leben eine Wärmeflasche, heute kontrolliert der erfahrene Storch, ob auch alles ordnungsgemäß zugeht im Hause Grönling.

Sehr ordentlich liegen die immer benötigten Universalwerkzeuge bereit: Feuerzeug (7), Schraubenzieher und Zange (8), Notizblock und Brille (9). Dieter Grönling ist nämlich einer der größten Reparateure unserer Zeit. Beschädigte Texte oder Geräte sind bei ihm genau in den richtigen Händen, arbeitet er doch nach der Devise: „Ich mach das schon, es kann aber auch etwas dauern!“

Es kann also noch etwas dauern, bis die Leica, Baujahr 1958, (10) wieder zum Einsatz kommt und die nächste an diesem Schreibtisch entwickelte Idee umgesetzt wird. Hoffentlich aber dauert es keine Ewigkeit. Für die allerdings scheint die massive Marmorplatte gemacht zu sein, die auch gut als Grabplatte dienen könnte. Was wäre das für eine ehrenhafte Gedenkstätte: am Ende für immer unter einem wahren Schreibtisch liegen. MICHAEL RINGEL