: Asbest soll vom Tisch
In der Mikrobiologie des Uniklinikums Benjamin Franklin stehen Tische, die Asbest enthalten. Deren Verwendung ist seit Anfang der 90er-Jahre verboten. Die Mitarbeiter fürchten um ihre Gesundheit
VON SANDRA COURANT
Mitarbeiter des Universitätsklinikums Charité wehren sich gegen die Asbestverseuchung ihres Arbeitsplatzes. Im mikrobiologischen Institut auf dem Campus Benjamin Franklin forschen und lehren die Mediziner teilweise an Tischen mit Asbestzementplatten. Betroffen sind rund 25 der 30 Labor- und Kursräume. Der Personalrat fürchtet nun um die Gesundheit der Charité-Mitarbeiter. Und er wirft dem Vorstand der Universitätsklinik Verzögerung vor: Spätestens seit Oktober vergangenen Jahres habe man von dem Asbest in den Tischen gewusst. Deren Austausch wurde dennoch auf die Semesterferien ein halbes Jahr später verschoben, sagte ein Mitglied des Personalrats der taz. „Auf diese Weise wurden per Leitungsbeschluss 300 Studenten und 36 Mitarbeiter einer Asbestgefährdung ausgesetzt.“
Ans Licht kam dies erst durch die für März geplante Zusammenlegung der Mikrobiologie der Charité in Mitte mit jener in Steglitz. Denn vor allem die Mitarbeiter des Instituts in Mitte wehren sich gegen den Umzug in das Gebäude am Hindenburgdamm. Die Charité bestreitet indes, Maßnahmen bewusst hinausgezögert zu haben. „Wir haben im Herbst von den Asbestplatten erfahren und sofort das nötige Geld zur Sanierung freigegeben“, sagt Kerstin Endele, Leiterin der Charité-Pressestelle.
Asbestzementplatten als solches sind nicht gefährlich, betonen Experten. Ein Gesundheitsrisiko für den Menschen entsteht allerdings dann, wenn sich durch Beschädigung oder Bearbeitung der Platten feinste Asbestfasern lösen. „Dies ist bei der täglichen Arbeit der Mikrobiologen recht unwahrscheinlich“, sagte Robert Rath vom Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (Lagetsi). Trotzdem hat das Landesamt die Arbeit an den Labortischen mit sofortiger Wirkung untersagt. Denn die Verwendung der Asbestzementplatten ist seit 1992 gesetzlich verboten. „Die Universiät hätte die Platten längst austauschen müssen“, erklärt Rath.
Die Mikrobiologen sind nicht die Einzigen, die widerrechtlich an Asbestzementplatten arbeiten müssen. Bereits vor drei Jahren entfernte die Charité in ihrer Zahnklinik Arbeitstische mit solchen Platten – auch hier erst auf Anordnung des Lagetsi. In welchen Bereichen es außerdem noch Asbestzementplatten gibt – diese Frage stellt sich inzwischen auch die Charité. Deswegen hat der Vorstand jetzt eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die alle Institute des Klinikums auf Schadstoffe überprüfen soll, unter anderem auch auf Asbest.
Ein eigener Arbeitskreis für die Mikrobiologie soll die Räume in Steglitz bis März asbestfrei machen. „Ich gehe davon aus, dass wir bis Mitte Februar alle Platten ausgetauscht haben“, sagt der Leiter der beiden Arbeitsgruppen, Professor Henning Rüden. Was außerdem noch getan werden muss und wie viel die Sanierungsarbeiten kosten werden, prüft derzeit ein Gutachter.
Den Mitarbeitern ist das zu wenig. Schließlich lag dem Klinikum bereits im Oktober 2005 ein Gutachten vor, das die Existenz der Asbestzementplatten in der Mikrobiologie belegte, nicht aber deren Austausch verlangte. Der Personalrat fordert nun Auskünfte darüber, wie lange Beschäftigte des Instituts an den Asbest-Tischen gearbeitet haben und ob sie so einer Gefahr für ihre Gesundheit ausgesetzt waren. Außerdem solle der Vorstand aufgrund der neuen Situation seinen Umzugsbeschluss noch einmal überdenken.
„Das Asbestvorkommen an einigen Tischen hat auf den geplanten Umzug keinerlei Auswirkungen“, sagt hingegen Professor Rüden. Sein Institut für Hygiene- und Umweltmedizin sitzt bereits in Steglitz – und er selbst an einem Schreibtisch mit Asbestzementplatte.