: Familienstreit bei SPD und CDU
Christ- und Sozialdemokraten in NRW zanken um Gedönsthemen: SPD-interne Kritik an Vorstandsbeschlüssen zur Familienpolitik. NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) auf Distanz zu Bundesfamilienministerin von der Leyen
DÜSSELDORF taz ■ CDU und SPD debattieren das Modethema Familie. So stoßen die familienpolitischen Pläne des SPD-Bundesvorstands auf Kritik bei Sozialdemokraten aus NRW. Am Rande eines Treffens der NRW-SPD-Landesgruppe wurde am Dienstag Abend in Berlin über den jüngsten Beschluss der SPD-Führung diskutiert, wonach Betreuungskosten für Kinder bereits ab dem ersten Euro steuerlich geltend gemacht werden sollen.
Der Bielefelder SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Wend kritisierte den Vorstandsbeschluss gestern offen. „Wir dürfen vor dem Hintergrund einer scheinbar gerechteren Lösung nicht die beschäftigungspolitischen Impulse aus den Augen verlieren“, so Wend zur Welt. Am Ende werde die große Koalition „daran gemessen, ob es ihr gelingt, Arbeitsplätze zu schaffen“.
Ferner wird die generelle Hinwendung zur Familienpolitik unter dem neuen SPD-Chef Matthias Platzeck parteiintern diskutiert. Vom linken Parteiflügel aus NRW kommt dazu Kritik. Der Kölner Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach warnte gestern vor einem „Glaubwürdigkeitsverlust“ der SPD. „Die Partei sollte nicht reiche Eltern, sondern arme Kinder fördern“, sagte Lauterbach zur taz. Familienpolitik könne das Profil der Partei ergänzen, wenn sie konkret und sozial gerecht sei. Lauterbach fordert eine verbindliche Vorschule für die Drei- bis Sechsjährigen: „Es gibt keine drei Lebensjahre, die für Intelligenz, Lernfähigkeit und beruflichen Erfolg so wichtig sind wie die Zeit zwischen drei und sechs.“
Der Recklinghäuser SPD-Chef Andreas Krebs findet es „generell gut“, dass die Bundes-SPD das Thema Familienpolitik besetzt: „Arbeitnehmerpartei und Familienpartei zu sein, schließt sich für die SPD nicht aus.“ Der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer sieht die neue Familienfreundlichkeit der Sozialdemokratie als sinnvolle Reaktion auf „gesellschaftspolitische Realitäten“. Auch vor dem Hintergrund der Überalterung der Gesellschaft sei es richtig, Menschen dazu zu ermutigen, Kinder zu bekommen.
Bei den Christdemokraten gibt es gleichfalls Meinungsverschiedenheiten zum Thema Familienpolitik. NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) sprach sich gestern erneut gegen den Verzicht auf Elternbeiträge für den Kindergarten aus. Der kostenlose Besuch des Kindergartens habe für ihn keine Priorität, sagte Laschet im Landtag. Andere Aufgaben, wie der Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, seien wichtiger. Seine Parteifreundin, CDU-Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, favorisiert dagegen einen gebührenfreien Besuch von Kindergärten. Einig sind sich Laschet und von der Leyen auch beim Thema Absetzbarkeit von Betreuungskosten nicht: Der NRW-Minister gilt als Freund des SPD-Plans, die Bundesfamilienministerin ist dagegen. MARTIN TEIGELER