: Chef ohne Macht
HENKEL UND DIE POLIZEI
Wer kontrolliert eigentlich die Berliner Polizei und den Verfassungsschutz? Der dafür zuständige Innensenator Frank Henkel (CDU) offenbar nicht. Erneut stellte sich bei der Informationsübermittlung zwischen Behörden und Untersuchungsgremien in Sachen NSU etwas heraus, das in der Öffentlichkeit gern verniedlichend „Panne“ genannt wird: Eine weitere Vertrauensperson der Berliner Polizei hatte Kontakt zum Umfeld der NSU. Der Innensenator selbst nennt das Ganze mittlerweile „eine weitere unbegreifliche Schlamperei“.
Nur scheibchenweise würden Informationen über die stets gescheiterten Ermittlungsversuche zu dem rechtsextremen Terrortrio an die Untersuchungsgremien weitergegeben, hatte kürzlich der Grünen-Innenexperte und Angehörige des NSU-Untersuchungsausschusses, Hans-Christian Ströbele, geklagt: „Wir kriegen immer nur etwas, wenn wir aus anderen Quellen wissen, dass es da was geben muss.“
Tja. Dem Innensenator scheint es da offenbar nicht anders zu gehen. Das ist alarmierend, weil es ein weiterer Beleg dafür ist, dass die verantwortlichen Behörden offenbar tatsächlich ein Eigenleben führen, in das sie niemandem – auch nicht den sie kontrollierenden Instanzen – mehr Einblick gewähren wollen.
Alarmierend ist allerdings auch, wie Senator Henkel auf diese Erkenntnis reagiert. Er sei „menschlich“ enttäuscht, sagte der nämlich unter anderem. Und weiter: „Mein Vertrauen in die Polizei ist schwer erschüttert.“
Holla: So spricht nicht deren Chef. So spricht der fassungslose Bürger, der sich Instanzen, die ihn schützen sollen, ausgeliefert sieht – etwa die Angehörigen der NSU-Opfer und mit ihnen viele andere EinwanderInnen. Sollte Henkels Satz Empathie für diese ausdrücken, könnte das positive Wirkung auf die Konsequenzen haben, die er aus seiner Erkenntnis unbedingt ziehen muss. Doch wirft die Perspektive, die er mit diesem Satz einnimmt, auch die Frage auf, ob er die Macht dazu eigentlich noch hat. ALKE WIERTH