Kakao kann eine Waffe sein: KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON
Diamanten, Erdöl, Mineralien – dass mit strategisch wichtigen Bergbauproduktionen Kriege finanziert werden und deswegen um ihre Kontrolle blutige Konflikte stattfinden, ist aus Ländern wie Kongo, Angola oder Liberia bekannt. Doch Schokolade? Bisher hat die internationale Diskussion um eine Befriedung Westafrikas unberücksichtigt gelassen, dass es einen Zusammenhang zwischen den enormen Kakao-Exporten der Elfenbeinküste und der Unnachgiebigkeit seiner Kriegstreiber gibt. Und auch Schokoladenesser und Kakaotrinker in Europa denken nicht daran, dass der Stoff ihres Genusses aus einem Kriegsgebiet kommt.
Die explosiven Berichte von EU-Prüfern über die Kakaobehörden der Elfenbeinküste machen nun klar, dass die Kakaowirtschaft des Landes eine Kriegswirtschaft ist. Staatliche Stellen unter der Leitung von Freunden des Staatspräsidenten Gbagbo erheben von Bauern und Händlern ohne rechtliche Legitimation Abgaben, über deren Verwendung es keinerlei Rechenschaft und Kontrolle gibt. Erstmals sind jetzt die Strukturen klar geworden, mit denen das Geld für den Krieg abgeschöpft wird.
Nur selten werden Körperschaften, die an der Quelle eines weltweiten gefragten Rohstoffs dessen Handel organisieren, so genau durchleuchtet. Für andere Konfliktgebiete ist diese Arbeit beispielhaft. Allzu oft gelten in Kriegsgebieten, wo sich Regierungen und Rebellen bekämpfen, staatliche Exporte grundsätzlich als legitim und erregen kein Misstrauen. In der Elfenbeinküste wird nun das Wirken des Staates selbst kritisch hinterfragt. Das ist ein Fortschritt in der internationalen Diskussion um Kriegsökonomien.
Darauf sollten jetzt Konsequenzen folgen. Einfach den Export ivorischen Kakaos zu verbieten wäre unsinnig – es würde Millionen Bauern ins Elend stürzen und den Konflikt damit weiter anheizen. Aber die internationalen Ankäufer und Verarbeiter des Kakaos sollten ihren lokalen Anbietern Bedingungen stellen und auf die Einhaltung von Mindeststandards pochen. Und ihre Regierungen müssen sie notfalls dazu zwingen. Solange das Geld für den Krieg in der Elfenbeinküste praktisch auf den Bäumen wächst, kann von außen kein Frieden geschaffen werden.
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