: Kreise wollen bei Behinderten sparen
EINGLIEDERUNG Gemeinsam protestieren schleswig-holsteinische Sozialverbände gegen Sparpläne der Kreise. Die wollen bei der Eingliederungshilfe den Rotstift ansetzen. Obwohl die Zahl der Behinderten steigt
Um die Zukunft der Behindertenhilfe sorgen sich die schleswig-holsteinischen Wohlfahrtsverbände. Am Dienstag kritisierten sie deshalb gemeinsam die Pläne der Landräte, demzufolge bei der Eingliederungshilfe etwa 100 Millionen Euro gestrichen werden könnten. Das sind rund 20 Prozent der bisherigen Aufwendungen. Anspruch auf die Hilfe haben Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung.
Erst drei Jahre ist es her, dass die schleswig-holsteinischen Kommunen die Aufgaben und die Finanzveranwortung für die Eingliederungshilfe übernahmen. Wegen der Verluste durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz kündigten die Kreise allerdings im Dezember 2009 ihren Rahmenvertrag mit den Wohlfahrtsverbänden auf.
Die Verbände befürchten nun schlechtere Lebensbedingungen für die etwa 30.000 Menschen mit Behinderungen im Land. Außerdem seien rund 3.000 Arbeitsplätze in stationären und ambulanten Einrichtungen sowie in Werkstätten bedroht, sagte Günter Ernst-Basten, Landes-Vorstand der Paritätischen. Werde die Behindertenhilfe weiter gekürzt, drohten Wohnheime und Werkstätten zu verkommen und die ambulanten Dienste könnten ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl der Behinderten im Norden höher ist als im Bundesdurchschnitt – Tendenz steigend.
Unter Spardruck stehen auch die Hamburger Einrichtungen. „Die Kosten steigen, weil sich der Alterskegel bei Menschen mit Behinderungen ausbaut“, sagt Martin Eckert, Geschäftsführer des Hamburger Verbandes Leben mit Behinderung. Demnach sei die Lebenserwartung behinderter Menschen mittlerweile so hoch wie die nichtbehinderter. Trotzdem mahnt der Hamburger Rechnungshof in seinem aktuellen Jahresbericht, die Eingliederungshilfen auf ihre „Wirtschaftlichkeit“ zu überprüfen.
Die Sozialbehörde plant außerdem, bei den jährlichen Leistungen von rund 135 Millionen Euro für die stationäre Hilfe zu sparen. Die Kosten sollen „auf der Grundlage wirtschaftlicher Betriebsführung ermittelt“ und „leistungsorientiert vereinbart“ werden. Solchen Sparplänen steht Martin Eckert kritisch gegenüber: „In diesem Bereich darf es nicht weniger Geld geben.“ Man wolle nicht die Zeche dafür zahlen, dass das Geld anderswo verbraten wird. UTA GENSICHEN