: Klimaziele gestorben, Hoffnung noch nicht
UMWELT Viel zu wenig wurde in Bremen der Ausstoß von Kohlendioxid reduziert. Nur 8 Prozent konnte seit 1990 gespart werden. Wo das meiste CO2 produziert wird, wird allerdings auch am wenigsten mitgeredet
Der Kohlendioxid-Ausstoß Bremens ist binnen 20 Jahren um nur 8,3 Prozent gesunken. Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) hat am Donnerstag eine Statistik über den Zeitraum von 1990 bis 2010 vorgestellt. Zwar wurde durch Energie-Ersparnisse bei Gebäuden oder Verkehren der Ausstoß des klimaschädlichen Gases stark reduziert. Bei den Industriebetrieben, allen voran der Stahlindustrie, bleibe aber „viel zu tun“, so Lohse. Nur entzögen sich diese Bereiche dem politischen Einfluss. Bremens Klimaschutz-Ziel zu erreichen und bis 2020 ganze 40 Prozent des CO2-Ausstoßes zu reduzieren, werde so sehr schwierig.
„Ich würde die Hoffnung noch nicht aufgeben“, sagt Lohse dennoch. „Wir gehen davon aus, dass wir tatsächlich vorankommen.“ Erfolg klingt anders, aber um fair zu bleiben: Was soll man im kleinen Bremen schon tun? Beim Verkehr etwa sei noch viel drin, sagt Lohse. Zehn Prozent wurden seit 1990 an Kohlendioxid eingespart, die größten Verursacher sind hier die Autos. Der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, des Straßenbahnnetzes und der Radwege soll daher weiter vorangetrieben werden. Lohse schwärmt von Elektro-Fahrrädern.
Auch bei der Wärmedämmung geht’s voran. Bremen hat energetische Sanierungen seit 1993 mit insgesamt 15 Millionen Euro gefördert. 35 Prozent wurden von 1990 bis 2010 eingespart, das Niveau sank um 760.000 Tonnen – also ungefähr so viel, wie Afghanistan 2007 an Kohlendioxid ausstieß (abzüglich der Kriegshandlungen). In diesem Bereich ist man dem Ziel des 2009 verabschiedeten „Klima- und Energieprogramms 2020“ also recht nah.
Andernorts hat grünes Engagement seine Grenzen. Fast die Hälfte der CO2-Emissionen des Landes stammen aus der Stahlverarbeitung, also von Arcelor Mittal. Von den insgesamt 11,5 Millionen Tonnen, die 2010 in Bremen ausgestoßen wurden, stammten 5,3 Millionen Tonnen aus der Stahlindustrie – das ist in etwa so viel, wie ganz Albanien in 2007 in die Luft geblasen hat.
Verschwiegen wird das nicht, dafür aber aus der Statistik herausgerechnet. Denn die Stahlindustrie kann machen, was sie will – oder wie Lohse es ausdrückt: „Der Stahl wird gebraucht.“ Deren Energie-Ersparnis unterliege einem „natürlichen Treiber“, nämlich „den Energiekosten“. Diese überstiegen bei der Stahlproduktion die Personalkosten. Auch gebe es physikalische, also „thermodynamische“ Grenzen und ohnehin: „Wir sind ein Industrie-Standort“, sagt Lohse, man bleibe im Gespräch.
Und das tut not: Im gesamten Bereich der Bremer Industrie wurden in 20 Jahren nur 2,6 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes reduziert. „Enttäuschend“ nennt das Lohse – ein deutliches Wort. Er hätte sich mehr erhofft – wenig anderes bleibt ihm, er spricht von der „Eigenverantwortung der Akteure“.
Bleibt noch der „Schlüssel“, die Stromproduktion. Die SWB erzeugt das meiste ihres Stroms durch Kohle. Mitzureden hat Bremen da wenig, die Zeiten, in denen „SWB“ für „Stadtwerke Bremen“ stand, sind lange vorbei. Dänemark hat nun die Kohleenergie ganz verboten, das ist für Bremen aber keine Option: „Das macht man nicht in einem kleinen Bundesland“, sagt Lohse.
Besser werden soll es dennoch. Das Wasserkraftwerk am Weserwehr, die ausgebaute Windenergie und das optimierte Müllheizkraftwerk (taz berichtete) schlagen sich in der Statistik noch nicht nieder. Bei etwas gut zu sein, kann wiederum für die Statistik schlecht sein: Um 80 Prozent stieg die CO2-Emission im Vergleich zu 1990 durch die Abfallverbrennung. Denn Bremen verbrennt mittlerweile auch den Müll aus dem Umland. Müllverbrennung aber sei, wenn sie richtig betrieben werde, eine „saubere Industrie“. JPB