KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER DAS AUSSORTIEREN VON HOLGER APFEL : Braunschweig kommt zur Besinnung
Na endlich! Man kann sich sicher trefflich darüber streiten, ob, wann und in welchem Umfang gesinnungsbezogene Stadionverbote ein gutes Mittel sind. Aber unabhängig davon: Dass der Fußball-Erstligist Eintracht Braunschweig von seinem Hausrecht Gebrauch macht und dem NPD-Vorsitzenden Holger Apfel verbietet, die Südkurve als politische Bühne zu nutzen, ist es ein gutes Zeichen.
Denn bislang war die – von der Braunschweiger Polizei sachkundig beratene – Vereinsführung ebenso wie ein Großteil der Eintracht-Anhänger nach dem kindischen Prinzip verfahren, dass ein Problem nicht da ist, wenn man davor nur feste genug die Augen verschließt. Und dass jeder, der davon spricht, nur die Eintracht stören will. Denn „es stimmt, dass es Rechte in dieser Gruppe gibt“, hatte der Braunschweiger Südkurven-Vorsänger Thilo Koch dem Fußball-Magazin 11 Freunde erzählt, als im vergangenen Herbst die „Initiative gegen rechte (Hooligan)-Strukturen“ deren Existenz in der heilen Vereins-Welt dokumentiert – und die taz darüber berichtet hatte. „Mein Bauch sagt mir aber: Solange diese Leute niemandem etwas tun, und keine politische Werbung im Stadion machen, dann ist mir das egal.“
Ach!, was er einmal im Bauch hat, sollte niemand durch den Mund entweichen lassen! Denn Kochs Einschätzung war ja erkennbar schon damals falsch: Sicher hat Apfel im Stadion kaum agitiert – so was nervt ja auch beim Fußball. Aber: Er hat seine Präsenz im Fanblock über Social-Media-Kanäle propagandistisch ausgeschlachtet – als Nutznießer der integrativen Kraft des Sports. Dass der durch gemeinsam durchlebte Siege und Niederlagen starke emotionale Bindungen schafft, ist eine Binse, genau wie die Erkenntnis, dass dieses Vermögen missbraucht werden kann: Gerade Menschen, die sich zur Aufgabe machen, die Stimmung im Stadion anzuheizen, sollte das klar sein. Und eine verantwortungsvolle Vereinsführung wacht darüber.
Eben die aber ist mit dem Übersehen neonazistischer Abzeichen, dem Überhören rassistischer Sprüche und dem Beschweigen rechtsradikaler Fan-Umtriebe diesem Anspruch bisher nicht gerecht geworden. Dadurch hat sie, den Pfingst-Krawall begünstigt – der von der Polizei wiederum entschieden als „nicht politisch einzuordnen“ bestimmt wurde. Das jetzige Apfel-Verbot beweist: Der Braunschweiger Turn- und Sportverein ist dem provinziellen Beschönigen dieses Lagebilds entwachsen. Er hat sich dafür entschieden, hinzuschauen. Wenigstens er ist also reif für die Erste Liga.