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Archiv-Artikel

Brüderlich teilen nicht mehr angesagt

Erfolgloses Viererbündnis aus CDU, SPD, FDP und Grünen in Frankfurt bröckelt vor der Kommunalwahl in Hessen

FRANKFURT taz ■ Da sage noch einer, das Viererbündnis aus CDU, SPD, FDP und Grünen in Frankfurt am Main würde rund zehn Wochen vor den Kommunalwahlen in Hessen nicht mehr funktionieren. Brüder- und schwesterlich teilten die Großen in der vergangenen Woche die der Stadt zugestandenen Kartenkontingente für die Fußballweltmeisterschaft unter sich auf.

Die kleinen Oppositionsfraktionen gingen bei der Kartenverteilung leer aus. Verantwortlich für diesen letzten Coup der „Viererbande“ war der Sportdezernent der Stadt, der sozialdemokratische Bürgermeister Joachim Vandreike.

Doch zu Wochenbeginn maulten die übergangenen Kleinen und hingen die Sache an die große Glocke. Das Bürgerbündnis (BBF), die Flughafenausbaugegner (FAG), die Linkspartei und die Europaliste verlangten den Rücktritt des Dezernenten. Jetzt werden die Karten wieder eingesammelt und an alle Fraktionen „entsprechend ihrer Fraktionsstärke“ neu ausgeteilt.

Die Blamage um die Vergabe der Eintrittskarten ist ein weiteres Indiz dafür, dass die kommunale Demokratie in der Stadt seit der Installation des Gigantenbündnisses im Jahre 2001 schweren Schaden genommen hat. Eine Opposition fand nicht statt.

Die kleinen Parteien konnten angesichts der erdrückenden Phalanx aus Sozial- und Christdemokraten, Grünen und Freien Demokraten – verfassungswidrig – nichts zur politischen „Willensbildung“ im Römer beitragen. Und weil der bei gleich vier Partnern nur schwer zu findende politische Kompromiss das Credo des Viererbündnisses war, wurden wichtige Entscheidungen auf die lange Bank geschoben – oder umstrittene Projekte gleich für immer „beerdigt“.

Den Flughafenausbau schrieben die Beteiligten schon bei der Installation des Viererbündnisses als „kontrovers“ im Koalitionsvertrag fest. Doch auch aus der flugs angekündigten Verkehrsberuhigung und der Umgestaltung der City ist bislang nichts sichtbar Vernünftiges geworden. Im Gegenteil. Eine Tiefgarage unter dem Goetheplatz wird demnächst noch mehr Autoverkehr in die Innenstadt locken. Dazu kamen lange Kontroversen um den von der CDU gewollten und dann – nach einem Bürgerproteststurm – wieder verworfenen Abriss der Kleinmarkthalle.

Die Absetzbewegungen der einzelnen Parteien von der Koalition der Giganten werden heftiger, je näher der Wahltermin rückt. Josef Ullrich, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Nordweststadt zwei, konstatierte für seine Partei schon einmal vorsorglich, dass die SPD in das Viererbündnis doch nur „notgedrungen hineingedrängt“ worden sei. Und hört man Kreispolitikern der Grünen zu, haben die letzten knapp fünf Jahre Außerirdische für die Partei am Koalitionstisch gesessen – so viel Kritik an allem wird geäußert.

Jetzt wollen CDU und SPD wieder einmal die stärkste aller Parteien werden. Und dann mit nur einer Partei – höchstens mit zwei – koalieren. Und wenn es dafür wieder nicht reicht? Dazu schweigen alle.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT