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Archiv-Artikel

Biermann hängt jetzt im Abgeordnetenhaus

EHRENBÜRGERGALERIE Für Momper ist das Porträt des Liedermachers eine Art Wiedergutmachung

Der Liedermacher Wolf Biermann ist in die Ehrenbürgergalerie der Stadt Berlin aufgenommen worden. Bei der Enthüllung des Porträts im Abgeordnetenhaus sagte Parlamentspräsident Walter Momper am Mittwochabend, das Bild und die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den DDR-Regimekritiker 2007 seien eine „Art Wiedergutmachung“ von Unrecht, das dem mutigen Künstler angetan wurde. „Biermann, der ewige Provokateur, hat die Spaltung der Stadt und die Spaltung unseres Landes kompromisslos beim Namen genannt.“

Das Gemälde des DDR-Künstlers Ronald Paris zeigt Biermann in blauer Arbeiterjacke mit seiner berühmten zweilöchrigen Gitarre und ausdrucksstarken Musikerhänden. „Eine Kleinigkeit ist verkehrt. Ich habe mir vor zwei Jahren den rechten kleinen Finger abgerissen“, sagte Biermann. „Aber das ist das Schöne an der Kunst des sozialistischen Realismus: Es sollte alles so sein wie im richtigen Leben, aber noch etwas schöner.“

Natürlich griff der 73-jährige Barde vor dem handverlesenen Publikum auch zur Gitarre und präsentierte unter anderem seinen Voltaire-Song: „Passé! der Todesstreifen, totalitäre Possen, die machtbesoffnen Fressen allmächtiger Genossen … ich hab das Pack vergessen“, sang er.

Biermann war mit Ronald Paris wegen der unterschiedlichen Haltung zur DDR-Politik mehr als 30 Jahre „zerfreundet“, wie er es nannte. Ob ihm das Porträt gefalle, könne er wegen des Hegel’schen Unterschieds zwischen dem „Kunstschönen“ und dem „Naturschönen“ nicht sagen, frotzelte der Liedermacher – „denn das Naturschöne bin ich.“

Der Liedermacher war wegen seiner regimekritischen Haltung 1976 von der DDR ausgebürgert worden. 2007 ernannte die Stadt Berlin ihn für seinen Beitrag zur Überwindung der SED-Diktatur zu ihrem 115. Ehrenbürger. Dem war ein langer politischer Streit vorausgegangen, weil Biermann die SPD wegen ihrer Koalition mit der Linkspartei auf Landesebene scharf angegriffen hatte. Die Porträts der Ausgezeichneten hängen in der Ehrenbürgergalerie des Abgeordnetenhauses in Mitte. (dpa)