kurzkritik : Scheißliebe macht Lust
Ein wunderbarer Theaterabend, der die Vorfreude neuer Seligkeiten vermittelt: Erst hat man sie kurz auf dem Schoß, welch Glück pulst durch die Adern. Dann hat man sie lange am Hals, gramvoll dickt der Lebenssaft ein. Nachdem die Liebe längst unbekannt verzogen ist, hat sich jetzt auch der Körper verdrückt, der einen einst wollustheischend umschlang, mit Dürsten und Lechzen die lodernde Glut der Küsse trank. Ruhe im Doppelbett. Und wieder Platz. Aber das Leben erscheint wie eine leer getrunkene Kneipe.
Der Pianist Alexander Seemann und der Schauspieler Dirk Audehm verzaubern im Brauhauskeller des Theaters ihr Publikum derart mit ihrem popmusikalischen Liederabend: „Sch... Liebe!“ Begleitet von melancholisch umwölktem Pianieren buchstabiert der Mime mit leidenschaftlichem Spielwitz und moritatenhaftem Gesang das Herzensthema aus strahlend ironischer Männerperspektive durch: von A (wie Ich-liebe-dich) bis Z (wie Ich-hasse- dich). Dramaturgisch wird aus dem traumatischen Wissen, dass Liebe naturgesetzlich verweht, nur Freundschaft besteht, die These entwickelt: Man darf immer wieder von vorn anfangen. Neues Glück in alten Adern. So baggert Audehm nach Herzenslust Zuschauerinnen an, „darf ich mal in Sie dringen“, und zeigt, wie dem Beziehungsdesaster ungebrochen zu entkommen ist: bis die Liebe nicht mehr schal, Sex wieder nach Exzess schmeckt. Jens Fischer
Weitere Aufführungen am 1., 10., 15., 24. Februar, 19.30 Uhr Brauhauskeller