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Archiv-Artikel

Riesen-Rummel um den Spreepark

400 Anwohner diskutieren mit der Verwaltung über die Zukunft des Parks. Sie fordern eine große Grünfläche

Die Stimmung im Treptower Rathaussaal an diesem Dienstagabend ist aufgebracht. Rund 400 Anwohner sind gekommen, um über die Zukunft des Spreeparkgeländes im Plänterwald zu diskutieren. Im Oktober war ein potenzieller Investor, das dänische Unternehmen Tivoli, abgesprungen. Seitdem ist völlig offen, was aus dem einstigen Vergnügungspark wird, der inzwischen in einen Dornröschenschlaf versunken ist.

Viele Anwohner fordern, die Planungen des Senats und des Bezirkes für eine Verwertung der Fläche als Festplatz aufzugeben und die Fläche mitten im Wald wieder zu begrünen. „Die Ruine ist ein Schandfleck. Meine Enkel haben Angst, dort spazieren zu gehen“, empört sich ein aufgebrachter Bürger. „Nur Gelaber“ habe er bisher von den Vertretern von Senat und Bezirk auf dem Podium gehört. „Sagen Sie endlich, wie es weitergeht.“

Das würde Holger Lippmann, der Geschäftsführer des Liegenschaftsfonds, auch gern tun. Seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der maroden Spreepark GmbH vor über vier Jahren und der Flucht des ehemaligen Spreeparkbetreibers Norbert Witte nach Peru, der inzwischen in Berlin in Haft sitzt, ist der Liegenschaftsfonds unglücklicher Eigentümer des Areals. 20.000 Euro zahlt er für die jährliche Unterhaltung.

Lippmann beschreibt das Dilemma, in dem er steckt: Will das Land Berlin das Areal selbst betreiben – dort etwa wieder einen Wald anpflanzen –, muss es zuvor die Schulden der insolventen Spreepark-GmbH bei der Deutschen Bank übernehmen. Mit mehr als 10 Millionen Euro hatte Pleitier Norbert Witte, mit einer Landesbürgschaft ausgestattet, das Grundstück Mitte der 90er-Jahre beliehen. Weil der Spreepark ein Traditionsunternehmen war, trug die damalige große Koalition trotz unklarer Wirtschaftsprognose das Risiko.

Kein Investor in Sicht

Kommt hingegen ein Investor, dann muss jener mit der Gläubigerbank über die Schulden verhandeln. Doch: „Investoren können wir nicht backen, und sie stehen auch nicht Schlange“, sagt Lippmann. Interessenten gäbe es wohl. Mit denen sei er im Gespräch. Aber Namen wollte er keine nennen. Denn noch hätte niemand ein abgestimmtes Konzept vorgelegt.

Lippmann, Senat und Bezirk wollen wegen der Altschulden die Fläche nicht begrünen. Doch ihr Warten auf einen Investor kommt vielen Bürgern wie ein Warten auf Godot vor. Und nicht nur ihnen. Auch die Abgeordneten Lisa Paus (Grüne) und Jutta Matuschek (PDS.Linkspartei) fordern an diesem Abend lieber ein „Ende mit Schrecken“ als einen „Schrecken ohne Ende“. „Die Suche nach einem Großinvestor ist spätestens nach der Absage von Tivoli gescheitert. Das hat Ursachen“, erklärt Lisa Paus. Der Markt für Freizeitparks sei bundesweit schlecht. Das Land müsse deshalb nach anderen Lösungen suchen. Am besten sei eine Begrünung.

Matuschek fordert, den Grundfehler des Erbbaurechtsvertrages zu beseitigen und die Schulden zu übernehmen, um damit den Weg für eine realistische Verwertung frei zu machen. „Wenn es in Berlin möglich ist, für eine Rasenfläche den Palast der Republik mit einem Gebäudewert von 100 Millionen Euro abzureißen, dann sollte es auch möglich sein, für 10 Millionen aus dem Insolvenzverfahren herauszukommen.“

Kein Ergebnis

Kein Verständnis für die beiden Abgeordneten und die ihnen applaudierenden Bürger hatte der Bürgermeister des Bezirks Treptow-Köpenick, Klaus Ulbricht (SPD): „Die Deutsche Bank wartet doch nur auf den politischen Druck, den Sie heute machen. Dann bekommt sie ihr Geld.“

Das Ergebnis der Einwohnerversammlung bringt zum Abschluss Klaus Ulbricht auf den Punkt: „Noch nie bei diesem Thema waren Bürger und Verwaltung so weit auseinander.“ Dennoch wertet Erhard Reddig von der Initiative „Keine Autos in den Plänterwald“ die Versammlung als Erfolg. „Wir Anwohner kennen jetzt jedenfalls das Dilemma und können im Wahlkampf die Parteien in die Pflicht nehmen.“

Reddig war Initiator der ersten Einwohnerversammlung in Berlin. Nach dem seit dem vergangenen Sommer gültigen Bezirksverwaltungsgesetz muss eine Bezirksverordnetenversammlung eine Einwohnerversammlung einberufen, wenn ein Bürger das beantragt und ein Drittel der Bezirksverordneten dafür plädiert. Reddig: „Das ist eine neue Chance für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung. Die Bürger können die Verwaltung zwingen, sie zu informieren.“ MARINA MAI