Buchladen Zapata, Kiel

WIDERSTAND Buchhändler Harald Mücke wehrt sich gegen Nazis. Sein Kampf gegen die Bürgerlichkeit ist offen

Wenn es mal wieder richtig schlecht läuft, geht Harald Mücke Tischtennis spielen. Seine Existenz und die seines Buchladens Zapata in Kiel sind seit zwölf Jahren miteinander verbunden. Und wenn der Monatserlös nicht reicht, schiebt er Überstunden als Trainer für Tischtennis-Profis. Schließlich war Mücke, der heute 55 Jahre alt ist, zwanzig Jahre lang selbst einer. Nebenher las er linke Literatur. Heute ist es umgekehrt.

Tausend Euro zahlt sich Mücke in guten Zeiten selbst aus. Seine Helfer entlohnt er nicht, aber er kauft Kuchen. „Das müssen wir haben“, sagt Mücke immer. Er will nicht nur Bücher verkaufen, sein Laden soll auch ein „Sozialtreffpunkt“ sein. Deshalb können linke Gruppen hier ihre Flugblätter deponieren und die Männer, die auf den Bänken gegenüber am Nachmittag Bier trinken, dürfen bei ihm Wasser für die Hunde holen oder Kleingeld wechseln.

Zapata ist ein Feindbild. Dreimal warfen Neonazis in den vergangenen Jahren Steine in die Schaufensterscheiben. Mücke begann, an Hitlers Geburtstag im Geschäft zu übernachten. Einmal lief er Angreifern mit einem Knüppel hinterher. Das findet er heute leichtsinnig – und geholfen hat es auch nicht. Die Hausbesitzerin kündigte ihm das Ladenlokal. Mücke zog mit seinen 18.000 Büchern um. Vor den neuen Schaufenstern lässt er abends Rollläden herunter, die ihm Spender finanziert haben.

In den Siebzigerjahren war der Buchladen aus einem Infoladen entstanden, mit den Jahren wurde aus dem Kollektiv eine GmbH. Mücke und seine Helfer sehen sich heute gern als letzte Widerständler: Ihr Spendenaufruf heißt „Aktion Zaubertrank“. Wegen Asterix.

Aber Mücke sagt auch, er leite einen „gut sortierten Stadtteilbuchladen“. Einer seiner Schwerpunkte war immer lesbische Literatur. Aber in der letzten Zeit ist auch die Kinderbuchecke immer größer geworden. Draußen, in der Auslage, stehen zwar Titel wie: „Warum wir keine Tiere essen“ oder „Oma, die Miethaie und ich“. Aber drinnen liegt auch einfach „Pettersson und Findus“.

2010 hat er einer Kundin Thilo Sarrazins Geburtenapokalypse „Deutschland schafft sich ab“ bestellt. Ist das noch politischer Buchhandel? Er zensiere nicht, sagt Mücke. Nur in sein Schaufenster würde er solche Bücher nicht legen.  KRISTIANA LUDWIG