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Archiv-Artikel

Leservorwurf

Zeitungen mit Attentätertitelfoto

Vielen Dank für das blutige Titelfoto im Halbseitenformat vom 24. 5. 13, geil was durchgängiger Farbdruck alles ermöglicht. Bestimmt sind damit die Verkaufszahlen am Kiosk um zwei Exemplare angestiegen und das ist es doch Wert, eure ausgesprochene Bewunderung für die Norweger, die sich weigern, Zeitungen mit Attentätertitelfoto zu kaufen, mal kurz zu vergessen. Hier möchte man doch am liebsten mit Gernot Hassknecht sprechen. Muss denn jeder um Aufmerksamkeit heischende Mörder bestärkt werden? Habt ihr das wirklich so nötig? Aber vermutlich verstehe ich nur nicht, was dieses Foto zu Hintergrund und Analyse beiträgt, kann mir das bitte mal jemand erklären? DIETER MAIER, Neuried

taz-Antwort

Die Abwägung ist schwierig

Lieber Dieter Maier, Sie beschweren sich über das Titelfoto, das den Attentäter von London mit einem blutigen Messer in der Hand zeigt. Das Bild ist ein Ausschnitt aus einem Video. Der Attentäter soll einen unbeteiligten Passanten gezwungen haben, ihn per Smartphone zu filmen. Ihr Einwand ist berechtigt. Doch haben wir uns auf folgendem Grund entschieden, das Titelfoto so abzudrucken: Es handelt sich hier um eine neue Art von „Bekennerschreiben“ – und eben dieses ist das Thema des Textes unseres Medienredakteurs Jörn Kruse auf dem Schwerpunkt auf Seite 3. Früher wurden Bekennerschreiben anonym verschickt oder am Tatort hinterlassen. In diesem Fall wurde es direkt am Tatort aufgenommen, – sicherlich in der Hoffnung auf weltweite Verbreitung.

Die Abwägung ist schwierig, doch die Darstellung der Zäsur funktioniert unserer Meinung nach nur, wenn wir das Bild auch zeigen. Fotos von Blumen am Tatort oder von Polizisten, die die Straße abriegeln, hätten von unserem eigentlichen Thema abgelenkt.

ISABEL LOTT, FOTOREDAKTION,

RÜDIGER ROSSIG, SEITE- 1-REDAKTEUR