: Antike Pistolen zertrümmern Holz
BUNT Eine Kostümgroteske, die in ihrer Künstlichkeit badet: Zhang Yimous „Sang qiang pai an jing qi“ („A Woman, A Gun, and A Noodle Shop“) im Wettbewerb
Strahlende chinesische Gewänder in leuchtenden Farben gegen indifferente Mauern und anthrazitfarbenes Holz. Orange Wege durch eine zinnoberrote Wüstenei, über der im Zeitraffer Mond und Sonne hinwegrauschen. Das ist die theaterhaft abstrakte Kulisse von Zhang Yimous „Sang qiang pai an jing qi“ („A Woman, A Gun, and A Noodle Shop“). Der Stammgast der Berlinale hat diesmal eine von Farb- und Spezialeffekten geprägte Konzept-Burleske in historischen Kostümen beigesteuert. In lange vorbereiteten Szenen bringen Leute je andere Leute als die um, die sie eigentlich umbringen wollten oder sollten. Sie hinterlassen aussagekräftige Gegenstände an Tatorten, die aber durchweg von den anderen Handelnden falsch interpretiert werden.
Das ist dann mehr oder weniger lustig oder überraschend. Der graubärtige italienische Filmkritiker zu meiner Rechten lacht jedenfalls herzlich. Natürlich müssen solche Burlesken dick auftragen. Doch das gefühlte Filmdrittel, das für die Info draufgeht, dass der Charakter Li ein Feigling ist, gerät dann doch eine Spur zu redundant.
Bei einer derart übersichtlichen, in ihrer ausgestellten Künstlichkeit badenden Produktion hängt halt alles am Timing. Das klappt allerdings nur in den letzten 15 Minuten einigermaßen, wenn sich die Ereignisse – nun, nicht gerade: überstürzen, es aber doch ein wenig zupackender zugeht. Antike Pistolen zertrümmern Holz, das in Zeitlupe birst. Frauen kämpfen mit den Waffen einer Frau (Schere).
Die Information des Regisseurs, dieser Film gehe auf eine Beeindruckung durch „Blood Simple“ von den Coen-Brüdern zurück, hilft wenig. Man kann dessen Plot zwar mit ein paar archäologischen Handgriffe freilegen, aber während der groteske Überschuss bei den gelungeneren Coen-Filmen immer dadurch zustande kommt, dass es einen komischen Kontrast zwischen plausiblen Menschen und den unplausiblen Situationen gibt, in die sie geraten, ist diese Kostümgroteske nach allen Seiten gleich mittelbizarr. Das Styling ist zwar makellos, aber nun müsste noch etwas passieren mit diesen Klamotten.
Nachdem wiederum ziemlich lange und durch perfektes Sounddesign mitgeteilt wird, dass eine entscheidende Figur schläft und schnarcht, hat auch mein zu Beginn so leicht zu begeisternder Sitznachbar beschlossen mitzuschnarchen.
DIEDRICH DIEDERICHSEN
■ Heute, 9.30 Uhr, Friedrichstadtpalast und 22.30 Uhr, Urania; So, 21.2., 23.30 Uhr, Berlinale Palast