: Energielobby schließt sich zusammen
Weil dieses Jahr für die Strombranche politisch besonders wichtig ist, konzentriert die Solarbranche ihre Kräfte
BERLIN taz ■ Täglich neue Diskussionen um den Atomausstieg, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos mäkelt an der Förderung von erneuerbarer Energie herum und ein Energiegipfel im Frühjahr dieses Jahr wird wichtig für die Energiebranche. Und für ihre Lobbyisten, die Regierung und Parlament mit den nötigen Argumenten versorgen. Deshalb bündeln sie ihre Kräfte. Die Verbände der konventionellen Energieerzeugung denken über eine Fusion nach. Die gab es bei den Ökostrom-Produzenten bereits: „Bundesverband Solarenergie“ heißt der neue Verband, den sich die Branche zum Jahresanfang zulegte.
Bislang teilten sich Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS) und Bundesverband Solarindustrie (BSi) die Lobbyarbeit. Doch jetzt „sprechen wir mit einer Stimme“, sagt Carsten Körnig, Geschäftsführer des neuen Verbands. Der hat 650 Mitgliedsunternehmen, 500 aus der UVS und 150 aus dem BSi. Der eine Verband stehe für ingenieurwissenschaftlich-technisches Know-how. Der andere sei vorrangig politisch aktiv gewesen. „Jetzt ergänzen wir uns und decken etwa 80 Prozent der deutschen Solarbranche ab“, sagt Körnig.
Als „sinnvoll“ bezeichnete Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien – quasi dem Dachverband der Regenerativen – diesen Schritt. Denn die Solarbranche hat mittlerweile auch wirtschaftliches Gewicht. „Die 35.000 Beschäftigten haben im vergangenen Jahr etwa drei Milliarden Umsatz gemacht“, so Lackmann. Verglichen mit der konventionellen Energiebranche erscheint die Solarwirtschaft allerdings immer noch wie in einer Nische. Mit fossilen Kraftwerken und Atomkraftwerken erwirtschafteten 127.000 Menschen im Jahr 2004 einem Gesamtumsatz von 75 Milliarden Euro.
Auch die konventionelle Energielobby ist in unterschiedlichen Verbänden organisiert: Der Verband der Verbundunternehmen und regionalen Energieerzeuger (VRE), der Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) und der Verband der Deutschen Elektrizitätswirtschaft (VDEW). Auch diese Verbände denken über eine Konzentration nach: Es gibt Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss. „Seit Beginn des Wettbewerbs gibt es eine deutliche Veränderung in der Branche, aber Beschlüsse liegen noch nicht vor“, sagt eine Sprecherin des VDEW auf taz-Anfrage.
Der Initiative Lobby Control beobachtet die Branche kritisch und sieht hinter den Konzentrationsplänen die großen vier Stromkonzerne, die etwa 81 Prozent des Stroms in Deutschland erzeugen, am Werk. „Gerade Eon, RWE, Vattenfall und EnBW treiben in ihren Verbänden die Fusionen voran. Es geht schließlich um viel Geld“, sagt Ulrich Müller, Vorstand von Lobby Control. „Eine größere Schlagkraft und Kosteneinsparungen spielen für alle eine entscheidende Rolle.“ Die Fusionen hätten allerdings unterschiedliche Hintergründe. Die Zersplitterung der traditionellen Energiewirtschaft sei historisch bedingt, die erneuerbaren Energieerzeuger befänden sich hingegen zum Teil immer noch in der Gründungs- beziehungsweise der Expansionsphase.
Die Windenergiebranche hat sich allerdings schon vor fast zehn Jahren zum gemeinsamen Bundesverband Windenergie zusammengeschlossen. „Wenn demnächst auch noch die Redaktion der Branchenzeitung Neue Energie nach Berlin umgezogen ist, werden wir den Prozess der Hauptstadtkonzentration abgeschlossen haben“, sagt Ralf Bischof, Geschäftsführer des Bundesverbands.
Die Konzentration habe viele Vorteile: Know-how werde gebündelt, Ansprechpartner seien für Außenstehende besser erkennbar und Kosten könnten eingespart werden. „Im Bereich der Windenergie hat sich der Zusammenschluss ganz klar ausgezahlt!“ MIRJAM MEINHARDT