: Timoschenko will Wahlergebnis anfechten
UKRAINE Zentrale Wahlkommission erklärt Wiktor Janukowitsch offiziell zum Sieger. Die Fraktion BJuT der Regierungschefin ist uneins über weiteres Vorgehen. Im Parlament beginnt Suche nach neuer Mehrheit
LEMBERG taz | Die Zentrale Wahlkommission in der Ukraine hat am Sonntag den Oppositionsführer Wiktor Janukowitsch offiziell zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. Laut amtlichem Endergebnis haben für ihn 48,95 Prozent der Wähler votiert, auf die amtierende Premierministerin Julia Timoschenko entfielen 45,47 Prozent der Stimmen. Der Sieger hat somit knapp 900.000 Stimmen mehr bekommen.
Timoschenko wollte das Ergebnis zunächst nicht anerkennen. Nach langem Schweigen hatte sie in einer Fernsehansprache am vergangenen Samstag angekündigt, das Ergebnis vor Gericht anfechten zu wollen. Ihre Anwälte sollen die Klage bis Dienstag einbringen.
Timoschenko spricht von massiven Wahlfälschungen – in manchen Regionen angeblich zwischen 3 und 8 Prozent. Insgesamt bezifferte sie die Fälschungen auf eine Million Stimmen. Die Beobachtermission der OSZE sprach dagegen von fairen und demokratischen Wahlen. Auch das ukrainische Wählerkomitee stellte keine systematischen Fälschungen fest.
Im Team von Timoschenko kam es letzte Woche zu heftigen Diskussionen über die zukünftige Strategie. Ein Teil der Abgeordneten aus der BJuT-Fraktion im Parlament forderte den Übergang in die Opposition und befürchtet große Imageverluste im Falle einer Klage. Timoschenko ist offenbar anderer Meinung. Im Moment ist unklar, wie lange die juristischen Auseinandersetzungen andauern können. Die Klage soll vom Obersten Verwaltungsgericht verhandelt werden.
Viel Chancen auf Erfolg hat Timoschenko nicht. Die Beobachter gehen davon aus, dass sie eher auf Zeit spielt. Auch der Termin für die Amtseinführung von Janukowitsch steht noch nicht fest. Als Datum ist der 25. Februar im Gespräch. Die Verfassung schreibt vor, dass der neugewählte Präsident binnen 30 Tagen nach dem amtlichen Ergebnis vereidigt werden muss.
Im Parlament stellt man sich auf einen schwierigen Kampf um eine neue Mehrheit ein. Hier ist die Partei der Regionen von Janukowitsch die größte Fraktion. Die Regierungskoalition wird jedoch vom Timoschenko-Block, dem Wahlbündnis „Nascha Ukraina“ des scheidenden Präsidenten Wiktor Juschtschenko und dem Block Lytwyn gebildet. Jedoch besteht sie seit mehreren Monaten eher auf dem Papier.
Janukowitsch hofft darauf, für die neue Koalition „Nascha Ukraina“ gewinnen zu können, bei der es jedoch große Widerstände gegen eine Zusammenarbeit mit der Partei der Regionen gibt. Nach der Wahl des Präsidenten muss die Regierung nicht zurücktreten und freiwillig wird Timoschenko das nicht tun. So deutet derzeit wieder alles auf ein neues Kräftemessen zwischen den beiden großen Rivalen hin. JURI DURKOT