: Eklat im Fall Jonny K.
PROZESS Ein Schöffe äußerte sich öffentlich zum laufenden Verfahren. Nun wird neu verhandelt
BERLIN dpa | Nach der tödlichen Prügelattacke gegen Jonny K. muss der Prozess gegen sechs Angeklagte neu aufgerollt werden. Wegen Befangenheit eines Schöffen platzte das Verfahren am Landgericht Berlin am Montag. Die Entscheidung, den Prozess auszusetzen, sei in Übereinstimmung mit allen Prozessbeteiligten gefallen, sagte der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck. Für die Verhandlung war kein Ersatzschöffe nominiert.
Der Schöffe war am Montag in einer Berliner Zeitung mit kritischen Äußerungen über die Verteidiger der Angeklagten zitiert worden. Unklar blieb aber, ob der ehrenamtliche Richter das Interview tatsächlich gegeben hatte. Das Gericht kam mit dem Neustart einem zweiten Befangenheitsantrag der Verteidigung zuvor.
In der Vorwoche hatte der Schöffe zudem in dem Prozess zu einem Zeugen gesagt, der sich auf Erinnerungslücken berufen hatte: „Sind Sie zu feige oder wollen Sie uns verarschen?“ Die Verteidigung hatte gleich danach beantragt, den Schöffen auszuschließen, weil er parteiisch sei.
Laut Richter Schweckendieck hatte der Schöffe ihm gegenüber versichert, nicht mit dem Zeitungsjournalisten über den Prozess gesprochen zu haben. Der Vorsitzende Richter betonte aber: „Die Presse ist nicht schuld. Der Ausgangspunkt war die Richterbank.“ Anwalt Roland Weber sagte, der tatsächliche Hergang sei unklar. Ein faires Verfahren sei aber nicht mehr möglich gewesen. Ein Sprecher des Landgerichts sagte, zwar sei es Schöffen nicht gänzlich untersagt, sich öffentlich zu äußern. Erwünscht sei aber äußerste Zurückhaltung.
Das Verfahren gegen die jungen Männer wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder gefährlicher Körperverletzung soll laut Gericht bereits an diesem Donnerstag neu starten. In dem neuen Verfahren werden die bisherigen drei Berufsrichter sowie zwei Schöffen sitzen. Ob auch der zweite neu benannt wird, stand noch nicht fest. Die Anklage muss neu verlesen werden, die Beweisaufnahme wieder bei null gestartet werden.
Der brutale Angriff nahe dem Alexanderplatz im Oktober 2012 hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Der 20-jährige Jonny K. war so heftig geschlagen und getreten worden, dass er stürzte. Wenig später starb er an Hirnblutungen.