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Archiv-Artikel

CDU vergeigt Muslim-Test KOMMENTAR VON RALPH BOLLMANN

Es sieht ganz so aus, als hätte die baden-württembergische CDU ihren eigenen Muslim-Test nicht bestanden. Mit einem halben Jahr Verzögerung haben es christdemokratische Parteifeinde jetzt doch noch geschafft, Sozialminister und Parteifreund Andreas Renner zu Fall zu bringen. Der Mann war ihnen ein Ärgernis, seit er im vorigen Sommer die Schirmherrschaft über den schwäbischen Christopher Street Day übernommen und zur familienpolitischen Gleichbehandlung von Homos und Heteros aufgerufen hatte. Zur Erinnerung: Ein Bekenntnis zur Ablehnung der Diskriminierung von Schwulen und Lesben fordert die Südwest-CDU neuerdings von allen Einbürgerungswilligen, unter dem Beifall auch konservativer Kreise.

Zugegeben: Renners Hinweis, dass sich die zölibatäre Lebensform der katholischen Geistlichen mit deren Plädoyer für Ehe und Familie schlecht verträgt, mag zwar zutreffend gewesen sein, aber politisch geschickt war es nicht. Doch darum geht es längst nicht mehr. Dass ein solches Zitat kurz vor einer Landtagswahl, vermutlich von eigenen Parteifreunden, kolportiert wird, zeigt vor allem eines: wie tief der Riss ist, der die Union derzeit teilt, nicht nur in Baden-Württemberg.

An ihrer Spitze hat die CDU seit dem Abschied Helmut Kohls eine wahre Revolution vollzogen. Sie hat akzeptiert, dass Deutschland ein Einwanderungsland geworden ist; sie macht neuerdings eine Familienpolitik, die nicht mehr das Modell der Hausfrau am Herd favorisiert. Dass die Basis diesem Modernisierungskurs allenfalls mit Murren folgt, war schon am Ergebnis der vergangenen Bundestagswahl ablesbar. Eine Frau als Kanzlerin – das mochte sich vor allem die ländliche Klientel nicht vorstellen. Vor allem in den südlichen Bundesländern blieb der Widerstand stets stark, wie schon Edmund Stoibers Eruptionen über die Berliner „Leichtmatrosen“ Angela Merkel und Guido Westerwelle belegten.

Die Protagonisten der „neuen“ CDU haben jetzt das Problem des Neue-Mitte-Kanzlers Schröder. In Öffentlichkeit und Medien werden sie für einen Kulturbruch bejubelt, der an der eigenen Basis unverstanden bleibt. Auf der Suche nach einem modernen Konservatismus ist die CDU lange nicht am Ziel.