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: HOLGER PAULER über den geplanten Privatfriedhof in Bergisch-Gladbach

Können Tote dankbar sein? „Natürlich“, sagt Fritz Roth. Der Bergisch Gladbacher Bestattungsunternehmer glaubt an die „Liebe in der Trauer“. Um dieser Liebe einen würdigen Platz zu geben, will der 56-Jährige im Mai den ersten privaten Friedhof Deutschlands eröffnen. Feierlich, im Park der zu Roths Trauerakademie „Haus der menschlichen Begleitung“ gehört.

„Der Friedhof richtet sich gegen die Anonymität in unserer Zeit“, sagt Roth. Ein Impuls gegen den Zeitgeist, der Menschen zu „PIN-Codes und Marken“ abstempelt. „Ich möchte, dass die Menschen begreifen, dass die Welt anders, viel ärmer wäre, wenn jeder einzelne Mensch nicht gelebt hätte – egal ob Stadtpenner oder Prominenter.“

Und zumindest die Stadt Bergisch-Gladbach scheint es begriffen zu haben. Am 1. September 2003 trat das Bestattungsgesetzes NRW an die Stelle des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794. Urnen-Bestattungen können ab sofort auch außerhalb von Friedhöfen statt finden – natürlich nur auf dafür vorgesehenen Feldern. Auch die nach islamischen Regeln vorgesehene Tuchbestattung ist seitdem möglich. Fritz Roth wandte sich an die Kommune und beantragte einen Privatfriedhof. Die Kommune stimmte zu, das Projekt konnte starten.

Seit mehr als 20 Jahren betreibt Fritz Roth das Geschäft mit dem Tod. 20 festangestellte Mitarbeiter arbeiten im Bestattungshaus Pütz-Roth. In den Trauerräumen können Angehörige zu schon jetzt Tag und Nacht von den Toten Abschied nehmen. Bett, Couch, Lampen stehen hier wie im heimischen Wohnzimmer. Gespräche mit Theologen, Künstlern und Psychologen haben Roth sensibilisiert, ein Buch mit Ex-TV-Pfarrer Jürgen Fliege fiel auch noch ab. Dennoch: Konkrete Vorbilder, religiöser oder historischer Art hat Roth für seinen Friedhof nicht. „Ich möchte hier meine eigenen Vorstellungen durchsetzen. Mein Haus ist kein Haus der Klassen oder Religionen“, sagt Roth. 370 bis 3.000 Euro müssen die Angehörigen aufbringen, um am Waldesrand bestattet zu werden. Acht katholische und sechs evangelische Friedhöfe beherbergen bislang die Toten Bergisch-Gladbachs. 1.900 Euro für 30 Jahre.

Natürlich können auch lebende Personen ihre Grabstelle bei Roth vorbestellen. „Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, wir müssen die Blockade der ‚Unfähigkeit zu trauern‘ überwinden“. Meditationsplätze, Freilicht-Bühnen, Kräutergärten oder das Fundament eines alten Landhauses: Alles ist denkbar – je nach Geschmack und Vorlieben.

Aber schreckt das Morbide die Leute nicht ab? „Die Resonanz ist da“, sagt Roth. „Die Leute müssen allerdings darauf aufmerksam gemacht werden, dann setzten sich mit dem Thema Tod auseinander“. Dennoch, Verdrängung steht bei den meisten Menschen immer noch im Vordergrund: „80 Prozent der Leute sind zu Lebzeiten schon tot“, alles laufe in vorgezeichneten Bahnen, keine Experimente bis über den Tod hinaus. „Dabei ist der Tod der beste Lehrmeister bürgerlichen Ungehorsams.“ Die Bestattungen auf dem freien Feld sind nur ein Teil davon.