: Schlupflöcher für Spekulanten
HUNGER Die Verbände Oxfam und Foodwatch erkennen in dem Brüsseler Entwurf zur Eindämmung der Spekulation mit Nahrungsmitteln zu viele Ausnahmen im Interesse der Finanzindustrie
BERLIN taz | Die Vorschläge der Europäischen Union zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation sind nach Einschätzung der Entwicklungsorganisation Oxfam und der Verbraucherorganisation Foodwatch wirkungslos. Der EU-Richtlinienentwurf zur Regulierung der Finanzmärkte (MiFID-Richtlinie) enthalte zahlreiche Ausnahmeregeln, durch die die Maßnahmen, mit denen exzessive Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln verhindert werden sollen, unwirksam werden, teilten die Verbände am Mittwoch mit. Oxfam und Foodwatch fordern die EU-Finanzminister auf, effektive Maßnahmen gegen Wettgeschäfte auf Agrarrohstoffpreise zu ergreifen – insbesondere durch die Einführung umfassender Positionslimits ohne Ausnahmeregeln. Damit würde die Zahl der zu rein spekulativen Zwecken abgeschlossenen Warenterminverträge auf Agrarrohstoffe begrenzt.
Die Regelungen sind Teil der sogenannten MiFID-Richtlinie zur Regulierung der Finanzmärkte, die derzeit in der EU beraten wird. Der ursprüngliche Zeitrahmen sah eine Verabschiedung im Herbst 2012 vor. Ob noch vor der Sommerpause 2013 ein Beschluss kommt, ist unklar.
Die Verbände lokalisieren in dem Entwurf verschiedene „Schlupflöcher“: So dürfe weiterhin unkontrolliert außerhalb der Börsen spekuliert werden. Außerdem seien Positionslimits für einzelne Händler, wie sie bislang vorgesehen sind, nicht effektiv. Die Preise könnten auch beeinflusst werden, wenn mehrere kleinere Spekulanten mit identischen oder ähnlichen Strategien handeln. Drittens enthalte der Vorschlag weitreichende Ausnahmen für Transaktionen, „die objektiv messbar direkt mit der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement“ von Firmen zusammenhängen. Diese Abgrenzung sei schwierig.
Die Verbände fordern ein entschiedenes Vorgehen der Europäischen Union: „Hunger hat viele Ursachen. Doch Hunger durch Nahrungsmittelspekulationen ist menschengemacht – diesen unverantwortlichen Geschäften muss Einhalt geboten werden.“ BW