Sprachen, Linie 1 etc. : Konetschnaja Stanzia: Leipzig
„Endstation Sportforum, bitte alle aussteigen! Last Stop Sportforum. Please leave the train. Prochain arrêt Sportforum. Tous les passagers descendent de voiture“, heißt es, wenn man um 22.55 Uhr in der Linie 1 der Leipziger Straßenbahn sitzt, als einziger Fahrgast, und der in drei Sprachen vorgetragenen Ansage lauscht, die sich ungefähr über die gesamte Strecke vom Waldplatz bis zum Sportforum zieht. Warum nicht noch auf Italienisch oder Spanisch, fragt sich da der späte Gast? Warum eigentlich nicht auf Russisch, Polnisch oder Tschechisch?
Die Statistik weist für Leipzig 500.352 Einwohner aus. Davon Ausländer: 30.431. Von denen wiederum stellen die größte Gruppe die Vietnamesen (circa 2.800), dicht gefolgt von den Ukrainern (2.700) und den Russen (2.400). Franzosen gibt es immerhin 500 in „Klein-Paris“ (Goethe), und die, sollten sie am Abend in der Linie 1 sitzen, freuen sich gewiss über diesen petit Versuch der Ansagerin, französisch zu sprechen. Was aber, so die eigentliche Frage, bewegt die Verantwortlichen der Leipziger Verkehrsbetriebe, die Bandansagen auf Englisch und Französisch laufen zu lassen?
Darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht findet man es in Leipziger Vorstandshöfen très chic, französisch zu sprechen. Wie früher einmal. Vielleicht denkt man sich: Der gemeine Leipziger fühlt sich, wenn er vom Arbeitsamt in der Schuhmannstraße nach Hause fährt, in seiner Stadt gleich viel internationaler, wenn er die französischen Ansagen in den Bahnen hört. Bonjour tristesse! Vielleicht will man aber auch die ausländischen Gäste beeindrucken und zeigen: Hier bei uns in der Weltstadt Leipzig spricht man selbst in den Straßenbahnen drei Weltsprachen fließend. Doch unter den ausländischen Gästen, die Leipzig jedes Jahr besuchen und die etwa 240.000 Übernachtungen pro Jahr ausmachen, bilden die größte Gruppe die Holländer, gefolgt von Schweizern und Österreichern. Auch hier käme man mit Deutsch also recht weit.
Es komme keiner mit dem Argument Messestadt. In Frankfurt am Main knallen einem die Fahrer der S-Bahnen ein hessisches Gebabbele an den Kopf, dass man nur noch Appelwoi versteht. Nicht mal das misanthropische Genuschel in den Berliner S-Bahnen schreckt die ausländischen Gäste davon ab, die Stadt zu besuchen. Wäre es also nicht im Sinne einer neuen Bürgernähe, die Stationen in den Leipziger Straßenbahnen auf Russisch und Vietnamesisch anzusagen? Wäre das nicht ein Zeichen der Integration: Seht her, wir nehmen euch im Alltag wahr? Konetschnaja Stanzia: Leipzig. Fsjo wuiroditsch, pozaluista. ANDRÉ HILLE