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Archiv-Artikel

Fast-Attentäter bitten um Milde

TERRORISMUS Die Verteidiger der „Sauerland-Gruppe“ fordern für den jüngsten Angeklagten weniger als zehn Jahre Haft. Die Bundesanwaltschaft will die Höchststrafe

Schneiders Taten seien die Folge einer „massiven Adoleszenzkrise“, sagte sein Verteidiger

AUS DÜSSELDORF PASCAL BEUCKER

Bernd Rosenkranz ist ein erfahrener Strafverteidiger. Schon vielen Terrorismusprozessen hat der Hamburger Rechtsanwalt beigewohnt. Aber so dämlich wie die sogenannte Sauerland-Gruppe, daran ließ er in seinem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf am Mittwoch keinen Zweifel, hat sich noch keiner seiner Mandanten angestellt.

Rund eine Stunde lang führte Rosenkranz in allen Details aus, dass der Terrorismus in Deutschland auch nicht mehr das ist, was er einmal war. Sein Fazit: Anders als von der Bundesanwaltschaft dargestellt, seien die vier verhinderten Dschihadisten, die er vertritt, „mitnichten“ eine mit der RAF vergleichbar gefährliche Truppe gewesen. Von der Professionalität, mit der beispielsweise das Attentat auf Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen 1989 ausgeführt worden sei, „waren die Angeklagten meilenweit entfernt“. Für Rosenkranz ein Grund für eine Strafreduzierung: „Unprofessionalität und Dilettantismus schützen zwar vor Strafe nicht“, argumentiert er, „können aber Strafe mildern.“

Die Bundesanwaltschaft fordert 13 Jahre Haft für Daniel Schneider. Dem 24-Jährigen wirft sie – wie den mit ihm im September 2007 im sauerländischen Mebach-Oberschledorn festgenommenen Fritz Gelowicz und Adem Yilmaz – die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor, die Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens und die Verabredung zum vielfachen Mord. Da Schneider bei seiner Festnahme einem BKA-Beamten die Dienstwaffe entrissen und daraus einen Schuss abgefeuert haben soll, legt ihm die Anklage zudem versuchten Mord und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Last.

Die Taten Schneiders seien die Folge einer „massiven Adoleszenzkrise“, sagte sein zweiter Verteidiger Johannes Pausch. Seines Erachtens sollte sein Mandant nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden: „Er ist ein Heranwachsender, ein Suchender.“ Sowohl Pausch als auch Rosenkranz betonten, alle Angeklagten hätten umfassende Geständnisse abgelegt, die „zu einem erheblichen Strafrabatt führen müssen“. Daher beantragten sie, „unter einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren zu bleiben“.

Bereits in der vergangenen Woche hatten die Verteidiger von Fritz Gelowicz und Adem Yilmaz ebenfalls für ein deutlich geringeres Strafmaß plädiert, als von der Anklage beantragt. Der Einblick, den Gelowicz mit seinem Geständnis in die Welt des Dschihadismus gegeben habe, sei als „überragend“ anzusehen, betonte sein Anwalt Hannes Linke. Der 30-Jährige habe sowohl die Strukturen der Islamischen Jihad Union (IJU) beschrieben als auch die Hintermänner benannt. „Derart werthaltiges Insiderwissen zur RAF, zur ETA, IRA oder PKK hätten Sie mit Kusshand genommen“, sagte Linke in Richtung von Bundesanwalt Brinkmann.

Die Urteilsverkündung ist für den 4. März geplant.