: Mehr Geld nur in wenigen Fällen
HARTZ IV Das Bundesarbeitsministerium hat seinen Härtefallkatalog veröffentlicht. Nur die wenigsten, zum Beispiel chronisch Kranke, werden von Zusatzleistungen profitieren – und das auch nur im Ausnahmefall
BERLIN taz | Das Bundesarbeitsministerium hat am Dienstagabend als Reaktion auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu Hartz IV einen Härtefallkatalog vorgelegt. Er definiert, in welchen Fällen Bezieher von Arbeitslosengeld II zusätzliche Leistungen erhalten können. Ein Überblick:
Was wird finanziert? Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie zum Beispiel Hautpflegeprodukte bei Neurodermitis oder Hygieneartikel bei einer ausgebrochenen HIV-Infektion. Das Ministerium betont, eine Finanzierung sei jedoch nur „im Ausnahmefall“ möglich. Rollstuhlfahrer, die keine Hilfe von anderen erhalten, können Putz- oder Haushaltshilfen finanziert bekommen. Getrennt lebende Eltern dürfen regelmäßige Fahrt- und Übernachtungskosten geltend machen, die anfallen, wenn sie ihre Kinder besuchen. Dagegen können Kosten für Nachhilfeunterricht nur im „Einzelfall“ und aus „besonderem Anlass“ übernommen werden, zum Beispiel, wenn in der Familie eine langfristige Erkrankung oder ein Todesfall vorliegt. Eine weitere Voraussetzung: Der Nachhilfebedarf darf nur sechs Monate oder bis längstens Ende des Schuljahres bestehen. Hartz-IV-Bezieher müssen zuerst „schulische Angebote wie Förderkurse“ nutzen.
Welche Leistungen werden nicht gewährt? Die regelmäßig anfallende Praxisgebühr beim Arzt, Bekleidung für Übergrößen, Brillen, Waschmaschinen, Zahnersatz oder orthopädische Schuhe.
Welchen Spielraum lässt die Liste? Das Arbeitsministerium unterstreicht, die Liste sei „nicht abschließend“, eine Ministeriumssprecherin wies darauf hin, man wolle den Sachbearbeitern in den Jobcentern „Ermessensspielraum“ lassen. Ob der eher großzügig oder restriktiv ausgelegt wird, darüber lassen sich auf Grund der „Geschäftsanweisung“ schon jetzt erste Rückschlüsse ziehen: So gibt das Ministerium den generellen Hinweis, Sonderleistungen seien nur zu gewähren, wenn „erhebliche Unterversorgung“ drohe, „Bedarfsspitzen“ sollen „durch Wirtschaften mit der Regelleistung“ ausgeglichen werden.
Was sagen Kritiker? Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, kritisiert, man habe „die denkbar restriktivste Form des Katalogs gewählt“. Die aufgeführten Beispiele träfen nur „äußerst selten“ zu. Adolf Bauer, der Präsident des Sozialverband Deutschland, begrüßte hingegen die Neuregelung für Härtefälle.
EVA VÖLPEL