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Archiv-Artikel

The Great Berggruen

Was haben sie ihn gepriesen, vor drei Jahren, als Nicolas Berggruen Karstadt übernahm: „Berggruens Konzept klingt nicht nur verjüngend, sondern auch glaubhaft. Er redet von Karstadt wie von einem Kunstwerk, das Leidenschaft und Pflege verdient“, lobhudelte die Berliner Zeitung in einem Porträt des Milliardärs. Andere schrieben über sein rastloses Leben im Hotel, den Dreitagebart und Partys: der Unternehmer als Frauenschwarm.

Leidenschaft und Pflege? Von Nahem besehen wirken manche seiner Investitionen eher so, als hätte sich ein gelangweilter Reicher ein paar Spielzeuge gekauft, aber rasch die Lust daran verloren: Seine Ethanolfabrik in Oregon ging laut ZDF pleite. Die Windräder, in die Berggruen in der Türkei investiert haben sollte, gab es nicht.

Und Karstadt hat Berggruen zwar 2010 vor der Insolvenz gerettet, seitdem jedoch wenig Ideen für die Zukunft der Warenhäuser entwickelt. Vor allem aber investiert der Investor nicht mehr. Stattdessen wird bei den Beschäftigten gekürzt: Karstadt ist aus der Tarifbindung ausgestiegen, die Löhne sollen bis 2015 nicht mehr steigen. Nun gibt es Warnstreiks. Die Gewerkschaft ist schuld am Konflikt, glaubt Berggruen: „Die Ver.di-Funktionäre kämpfen nur um ihre Macht auf Kosten der Belegschaft.“

Berggruen hat aber längst andere Spielzeuge, etwa das Nicolas Berggruen Institute on Governance, einen Think-Tank zur Politikberatung, in dessen Beirat Gerhard Schröder und Tony Blair sitzen. Und in seinem in dieser Woche erschienenen Buch „Klug regieren“ skizziert Berggruen Ideen, um Asien und den Westen einander näherzubringen. Vermutlich ist ihm die Karstadt-Rettung einfach zu profan geworden. MARTIN REEH