Kräuterbauern sammeln Unterstützung

In der Diskussion um verbotene Kräutertees in Brandenburg stützt Gesundheitsministerin Ziegler (SPD) das rigide Vorgehen des Gesundheitsamtes. Doch selbst aus ihrer Partei kommt Kritik. Jetzt soll ein runder Tisch die Frage klären

Der Konflikt um die Brandenburger Kräuterbauern spitzt sich zu. Das Landesgesundheitsamt hatte ihnen verboten, Wildkräuter zu sammeln und als Tees zu verkaufen. Brandenburgs Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) stellte sich jetzt hinter das Verbot ihrer Behörde. Das teilte sie der Abgeordneten der Linkspartei.PDS, Kornelia Wehlan, in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage mit.

Das Landesgesundheitsamt in Brandenburg hatte elf einheimische Kräuter, darunter Hirtentäschel, Malvenblüten und Frauenmantelkraut, als Arzneipflanzen und nicht als Lebensmittel eingestuft. Damit ist Landwirten das Sammeln und Verkaufen untersagt (die taz berichtete). Sie hätten keine Sachkunde zum Verkauf von Arzneimitteln, hieß es aus dem Amt. Wer gegen das Verbot verstieß, bekam eine Strafanzeige.

Davon betroffen war etwa der Belziger Landwirt Thomas Beutler. Er hätte die Pflanzen nicht nur als Lebensmittel verkauft, schreibt die Ministerin ihrer Antwort, „sondern ausdrücklich ihre gesundheitlichen Wirkungen herausgestellt“.

Auf den Teetüten steht allerdings nichts von gesundheitlichen Wirkungen oder Nebenwirkungen der Kräutertees. Stein des Anstoßes, erklärt Zieglers Sprecher Thomas Wendt, sei die Aufschrift „Genuss und Gesundheit von der Fülle der Natur“. Das Wort Gesundheit würde eine medizinische Wirkung unterstellen, sagt er.

Ziegler beruft sich darauf, dass in einer bundesweiten Umfrage 13 weitere Bundesländer das Brandenburger Verbot für korrekt halten würden. Genau das ist für Linkspartei-Frau Wehlan strittig. „Ich werde in einer weiteren Anfrage den Wortlaut der Umfrage erkunden.“ Sie vermutet, dass das Landesgesundheitsamt gegenüber den anderen Bundesländern behauptet habe, die Kräuterbauern hätten auf den Verpackungen konkrete medizinische Wirkungen beschrieben.

Die Brandenburger Bürokratie habe überzogen reagiert, sagt Wehlan, und damit viele Arbeitsplätze infrage gestellt. In strukturschwachen abgelegenen Regionen sei der naturnahe Landbau eine der wenigen Wachstumsbranchen.

Auch die SPD-Fraktion im Landtag verurteilt das Vorgehen des SPD-Ministeriums scharf. Fraktionschef Günter Baaske hatte von einer „Überregulierung zugunsten der Pharmaindustrie“ gesprochen. Sein Kollege Christoph Schulze plädiert für mehr Eigenverantwortung der Verbraucher. „Maiglöckchen und Dieffenbachie sind hochgiftige Pflanzen. Aber niemand kommt auf die Idee, sie aus dem Verkehr zu ziehen. Wir trauen den Bürgern zu Recht einen sachgerechten Umgang damit zu.“ Selbst mit Salz könne man sich vergiften, wenn man zu viel davon esse. „Mit einem Strick kann man ein Paket zubinden, sich aber auch damit aufhängen.“ Trotzdem dürfe jeder Supermarkt Salz und Paketschnur verkaufen. „Ich sehe hingegen nicht, wie man von Birkenblättertee sterben kann“, so der studierte Mediziner.

Schulze mahnt aber auch zur Besonnenheit: „Die Verantwortlichen im Ministerium brauchen die Möglichkeit, ihre Fehler einzuräumen, ohne das Gesicht zu verlieren.“ Dazu will Staatssekretär Winfried Alber (SPD) heute einen runden Tisch anberaumen. Er hat Vertreter verschiedener Behörden und Fachleute geladen. Von den betroffenen Kräuterbauern sei jedoch niemand eingeladen, beschwert sich der Belziger Thomas Beutler. MARINA MAI