: „Mich stört die Respektlosigkeit“
Das Thema wird von radikalen Muslimen in der arabischen Welt instrumentalisiert, meint der Al-Dschasira-Korrespondent Aktham Suliman
taz: Herr Suliman, Sie kennen die Karikaturen. Fühlen Sie sich beleidigt?
Aktham Suliman: Mich beleidigt einiges von dem, was hier in Europa über Muslime gesagt und gedacht wird. Dass Mohammed abgebildet wird, ist dabei weniger das Problem, auch wenn ich weiß, dass der Koran das nicht erlaubt. Mich stört vielmehr die Respektlosigkeit, die daraus spricht.
Können Sie die Empörung also nachvollziehen?
Die Reaktionen sind doch weniger eine Reaktion auf diese Karikaturen, als dass sie ein Grundgefühl widerspiegelt: Man hat den Eindruck, mit den Muslimen kann man alles machen. Über andere Gruppen macht man sich mehr Gedanken.
Aber das Thema wird doch instrumentalisiert!
Natürlich wird das instrumentalisiert! Und zwar von beiden Seiten: einerseits von Gruppen, die schon immer etwas gegen Muslime gehabt haben. Jetzt können sie sagen: Schaut her, die verstehen noch nicht einmal, was eine Karikatur ist, die haben keinen Humor. Und dann natürlich von radikalen Gruppen in der islamischen Welt.
Erstaunt Sie das Ausmaß der Affäre?
Natürlich spiegeln die Reaktionen eine irrationale Verschiebung. Es gibt doch viel wichtigere Themen in der arabischen Welt. Stattdessen regt man sich dort nun über diese Karikaturen auf.
Wie hat al-Dschasira berichtet?
Wir haben über die Proteste berichtet, und es gab auch ein Pro und Contra zum Thema – verteidigt wurden die Karikaturen mit der Begründung, sie seien nicht als Beleidigung gemeint gewesen.
Was aber folgt aus der Affäre? Sollte man in Zukunft Selbstzensur üben?
Man sollte versuchen, solche Konfrontationen zu vermeiden. Aber wenn so etwas nun einmal passiert ist, dann muss man alles dransetzen, um zu zeigen, dass eine Beleidigung nicht beabsichtigt war. Eine Entschuldigung hätte, zu einem früheren Zeitpunkt, vielleicht ausgereicht.
Jetzt nicht mehr.
Daran merkt man doch, dass das Problem tiefer liegt. Gäbe es dieses Vertrauen zwischen offiziellen Stellen in Europa und den muslimischen Gemeinden, dann müsste man sich über so ein paar Karikaturen keine Sorgen machen. Man kann dagegen protestieren, demonstrieren, meinetwegen auch einen Boykott anzetteln. Das ist doch alles legitim. Genauso klar ist, dass Gewalt kein Weg sein darf.
INTERVIEW: DANIEL BAX