: Ein Plattenbau für Vögel
KUNST „Verlandet“ heißt die neue Ausstellung des Künstlerinnenkollektivs Endmoräne, zu sehen im Lenné-Park in Hoppegarten
VON INGA BARTHELS
Bäume erstrecken sich schier endlos in den blauen Himmel. Ulmen und Ahornbäume, seit Hunderten von Jahren müssen sie hier stehen, so groß und ehrwürdig sind sie. Durch die dichten Baumkronen dringt das Licht. Sieht man hinauf, wird die Sicht gebrochen von weißen Linien. Sie kreuzen sich und ergeben je nach Perspektive ein neues Bild. Es sind Hunderte von Baumwollfäden, die die Baumgruppe umspannen. Angebracht hat sie Antje Scholz, Mitglied des Vereins Endmoräne. Endmoräne ist ein Kollektiv von Künstlerinnen verschiedener Disziplinen aus Berlin und Brandenburg. Seit mehr als 20 Jahren befassen sie sich jeden Sommer 14 Tage lang mit einem verlassenen Gebäude in Brandenburg. Am Ende jeder Sommerwerkstatt steht eine Ausstellung. In diesem Jahr präsentieren die Künstlerinnen ihre Werke erstmals im Freien unter dem Motto „Verlandet“.
Schauplatz ist der Lenné-Park in Dahlwitz-Hoppegarten. Eine Gemeinde östlich der Stadt, fast noch Berlin, aber doch Welten entfernt. Es ist ruhig hier, bis auf die Geräusche der Schnellstraße B1. Ab und zu wiehert ein Pferd, zwei Ziegen gucken über einen Gartenzaun. Der Park, der 1821 von Peter Joseph Lenné angelegt wurde, ist klein, aber schön. Alte Bäume, ein Bächlein und das Schlösschen Dahlwitz-Hoppegarten, das allerdings gerade restauriert wird.
Zur Eröffnung von „Verlandet“ haben sich Brandenburgs Kulturministerin und der Bürgermeister der Gemeinde eingefunden. Familien und Senioren wandern durch den Park und begutachten die Kunstwerke, die sich mit der Beziehung von Kunst und Natur befassen. Da ringelt sich eine Riesenschlange aus Autoreifen um einen Baum, in mannshohen Gräsern stehen Miniatur-Wellblech-Hütten. Die Künstlerin Annette Munk hat einen Plattenbau für Vögel geschaffen, der oben in einem Baum hängt. Fünf mal elf Nistkästchen sind zu einer Nistsiedlung zusammengefügt – Brüten auf engstem Raum. In einem Sumpfgebiet in der Ecke des Parks wachsen riesige, ungesund aussehende Pilze heran, gefertigt aus gelben Drainagerohren und Regenschirmen.
Die Rohre habe sie auf der Baustelle des Schlösschens gefunden, erzählt Monika Funke Stern, die Schöpferin der Pilze. Sie wusste sofort, dass sie in den Sumpf wollte, als die Künstlerinnen den Park vor Monaten zum ersten Mal besichtigten. „Der Raum muss zu mir sprechen“, erzählt sie. Die Interaktion mit den verschiedenen Räumen und ihren Geschichten ist das, was die Künstlerinnen antreibt. Während ihrer 14-tägigen Arbeit am Ort lassen sie sich inspirieren von ihrer Umgebung.
Den Einwohnern der jeweiligen Ortschaften Kunst näherzubringen, sie mit einzubeziehen in ihre Arbeit, ist ein Anspruch der Künstlerinnen von Endmoräne. In diesem Jahr hat sich die 10. Klasse des Einstein-Gymnasiums Neuenhagen an „Verlandet“ beteiligen dürfen. Die Schüler haben Bewohner befragt, was Kommunikation für sie bedeutet, und sich auch selbst Gedanken gemacht. Die Ergebnisse haben sie auf Papierkarten dargestellt und diese auf einem Gerüst im Park angebracht.
Bei der Betrachtung der Installation wird die Präsenz von Social Media im Leben der Teenager deutlich. Bilder von Computern und Smartphones dominieren, oft ist das blaue Facebooksymbol zu sehen, aber auch ein Bild eines Schnurtelefons. Zwei Rentnerinnen betrachten das Werk der Schüler etwas verständnislos. „Na, ick nehm dit Telefon, da hab ick noch ’n Jedanken zu“, sagt die eine. Die andere nickt.
■ Lenné-Park, Hoppegarten, Rudolf-Breitscheid-Straße 39. Sa. und So. von 12 bis 18 Uhr. Bis 23. Juni