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Weniger Feindbild als früher

HALBZEITBILANZ Teil 4: Diese Woche bilanziert die taz zwei Jahre Schwarz-Grün. Soziales ist kein Schwerpunkt dieser Koalition, es gibt aber auch keine so eisige Kälte wie unter Schwarz-Schill, findet Kaija Kutter

Der Senat baut die umstrittenen Ein-Euro-Jobs ab, ohne eine Alternative anzubieten

Warum so viele Hartz IV-Empfänger Migranten sind, fragt Chefredakteur Giovanni Di Lorenzo dieser Tage in der Zeit. Die Antwort liegt auf der Hand: Weil es unter ihnen viele wenig Qualifizierte gibt und unser heutiges Schulsystem diesen Zustand reproduziert.

Die sechsjährige Primarschule, das zentrale Projekt der GAL in der schwarz-grünen Koalition, will genau dort ansetzen und die Zahl der Risikoschüler, die später nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen können, minimieren. So gesehen ist die schwarz-grüne Koalition, die diese Reform gerade unter stärksten Anstrengungen gegen Teile des Bürgertums verteidigt, sehr sozial.

Bei der Schule wird nicht gespart. Die Klassen wurden verkleinert, die Sprachförderung verbessert, die Lehrer etwas altersentlastet und Geld für den Schulbau bereit gestellt.

Aber das Soziale besteht nicht nur aus Schule. Und jetzt, wo Finanzkrise und HSH-Nordbank-Debakel ihren Tribut fordern, müssen die Projekte, die es gab, Federn lassen. Freilich erinnert dies noch nicht an die eiskalten Sparzeiten unter Schwarz-Schill, als Beschäftigungs- und Frauenprojekte schon aus Prinzip Geld abgeben mussten, das in den Straßenbau floss.

Im Kita-Bereich zum Beispiel gilt es dieser Tage schon als Erfolg, den Status Quo zu halten. Und der ist aus familienpolitischer Sicht gut. Mit dem Rechtsanspruch für berufstätige Eltern ist Hamburg bundesweit Vorbild. Aber die Gruppen könnten kleiner sein. Und für Kinder aus benachteiligten Familien wird zu wenig getan. Der Plan im Koalitionsvertrag, auch Sprachförderung als Grund für einen Kita-Gutschein anzuerkennen, wurde nicht umgesetzt. Und der Plan, ab 2010 allen Zweijährigen einen Krippenplatz zu geben, auch wenn die Mutter nicht arbeitet, fiel im Herbst der Sparklausur zum Opfer. Stattdessen gibt es 15 neue Eltern-Kind-Zentren an Kitas, die Mütter mit ihren Kleinen aufsuchen können. Auch Familienhebammenprojekte wurden ausgebaut. Ganz wichtig: der Kinderknast Feuerbergstraße wurde geschlossen. Dafür gibt es jetzt neue Straßensozialarbeit.

Ein Brennpunkt sind nach wie vor die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD). Die Jugendämter wurden um rund 30 Stellen aufgestockt, doch steigen auch die Fälle rasant an, die Arbeit wurde mehr. Das von der Gewerkschaft Ver.di seit Jahren gebetsmühlenartig geforderte „Personalbemessungssystem“, für diesen anspruchsvollen Bereich des Kinderschutzes, wird in dieser Legislatur nicht mehr eingeführt.

Auch bei der Beschäftigungspolitik gibt es keine große Innovation. Der Senat baut umstrittene Ein-Euro-Jobs ab, ohne eine Alternative anzubieten. Und für die geplante integrative Stadtteilentwicklung gibt es ein Rahmenkonzept, die Umsetzung aber lässt auf sich warten.

Versprochen hatten die Koalitionäre auch einen „Lebenslagenbericht unter der Berücksichtigung der Frage von Armut und Reichtum“, der über die statistische Zahlenerfassung hinaus auch „handlungsorientiertes Instrument“ sein soll. Es gibt ihn noch nicht. Er ist in Arbeit.

Was sich geändert hat, ist das Klima zwischen Politik, Behörden, Projekten und Trägern. Man redet netter miteinander, ist nicht so verfeindet. Von CDU-Sozialsenator Dietrich Wersich heißt es gar, man müsse aufpassen, „dass man nicht von seinem Charme überrollt wird“.

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