Großeinkauf in der Solarbranche

Bonner SolarWorld kauft Fabriken von Shell und steigt zum größten Produzenten der USA auf. Der Grund für den Mega-Deal: Shell hält die Produktion von Solarzellen auf Basis des derzeit teuren Siliziums für weniger lohnend als andere Technologien

VON STEPHAN KOSCH

SolarWorld macht einen Großeinkauf bei Shell. Der Bonner Hersteller von Sonnenstromanlagen übernimmt von dem Ölkonzern 575 Mitarbeiter und den Großteil des Solargeschäfts. Die Deutschen bekommen für den ungenannten Kaufpreis nicht nur die Solarzellenfabrik in Gelsenkirchen und eine Forschungsabteilung in München, sondern auch Produktionsanlagen in Washington State und Kalifornien. So wird SolarWorld zum größten Produzenten von Solartechnologie in den USA.

Und dort wird mächtig in den Strom aus der Sonne investiert. So hat jüngst erst Kalifornien angekündigt, dafür in den kommenden elf Jahren 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Davon will SolarWorld nun einen Teil abbekommen.

„Exzellente Wachstumschancen“, frohlockte Vorstandschef Frank Asbeck gestern. Allein im laufenden Jahr werde der Umsatz durch die Übernahme um 40 Prozent wachsen – doppelt so stark wie geplant. 2005 lag er bei gut 300 Millionen Euro. Die Börse, zurzeit sowieso im Solarrausch, war gestern ebenso begeistert wie Asbeck. „Sensationeller Deal“, hieß es bei der Landesbank Baden-Württemberg. „Ein Clou“, sagte Theo Kitz von der Bank Merck Finck. Die SolarWorld-Aktie stieg um 14 Prozent auf 214 Euro. Vor einem Jahr lag das Papier noch bei knapp 34 Euro.

Eigentlich sind die Perspektiven gut, auch für einen Konzern wie Shell. Der will auch gar nicht grundsätzlich aus den erneuerbaren Energien aussteigen. Im Gegenteil: Vorstandsvorsitzender Jeroen van der Veer kündigte gestern sogar an, Shell wolle „mindestens eine der erneuerbaren Alternativen (…) zu einem wesentlichen Geschäft entwickeln“. Und die Alternativen dazu seien Wind, Wasserstoff, aber auch „fortschrittliche Solartechnik“.

Dazu zählt Shell die so genannte Dünnschicht-Technologie, mit der Solarzellen ohne Silizium produziert werden können. Und diese Technologie wird in den kommenden Jahren „wahrscheinlich eher im Strommarkt wettbewerbsfähig sein als die konventionelle Solarlösung auf Siliziumbasis“, glaubt Shell. Deshalb hat das Unternehmen jetzt auch nur die so genannten kristallinen Solaraktivitäten verkauft.

Hat sich SolarWorld also ein Auslaufmodell aufschwatzen lassen? Carsten Körnig vom Bundesverband Solarenergie hält dagegen: „Beide Technologien haben Wachstumspotenzial und können die Wettbewerbsfähigkeit erreichen.“ Noch sind Wirkungsgrad und Produktionskosten bei beiden Methoden nicht so groß, dass die Solarindustrie den Wettbewerb mit Öl oder Kohle vollends gewinnen kann. „Das wird aber spätestens in zehn Jahren der Fall sein.“

Dünnschichtzellen sind Körnig zufolge noch im Entwicklungsstadium und haben einen Wirkungsgrad von knapp zehn Prozent. Shell erklärte gestern hingegen, dass mittlerweile ein Wirkungsgrad von 13,5 Prozent erreicht worden sei. Solarzellen auf Siliziumbasis haben einen Wirkungsgrad von rund 15 Prozent. Diese erprobte Technologie ist nach Körnigs Einschätzung noch verbesserungsfähig.

Allerdings leidet die Branche derzeit unter den hohen Siliziumpreisen. Die haben sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren verdoppelt. Nicht weil es am Rohstoff Quarzsand mangelt, sondern an Anlagen, die den Sand zu Silizium veredeln. Denn die Nachfrage nach Solarzellen steigt derzeit weltweit. Die Branche will diesen Engpass aber beheben und die Produktionskapazitäten erweitern.

SolarWorld-Chef Asbeck zeigte sich gestern auf jeden Fall optimistisch. „Wir erwarten, dass der niedrige Siliziumdurchsatz an den neuen Standorten in naher Zukunft beendet wird.“