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Archiv-Artikel

Protest gegen Dumpinglöhne

Parteien, Gewerkschaften und linke Gruppen aus ganz NRW demonstrieren gegen geplante „Bolkestein“-Richtlinie der EU. Schwarz-Gelb unterstützt Deregulierung bei Dienstleistungen

VON MARTIN TEIGELER

Den Anfang macht die Wahlalternative WASG. Heute Vormittag demonstriert die kleine Linkspartei am Grenzübergang Glanerbrug in Gronau gegen die geplante Dienstleistungsrichtlinie der EU. Zu der Demo im Münsterland haben sich auch Globalisierungsgegner aus den Niederlanden angekündigt. Die Protestaktion steht unter dem Motto: „Stoppt EU-Richtlinie – Grenzenlos gegen Sozialdumping“. Nach der Kundgebung ist ein Trauerzug geplant, der zum Grenzübergang führen wird.

Weil sich das EU-Parlament Mitte Februar mit der Richtlinie beschäftigen wird, planen Parteien, Gewerkschaften, attac und linke Gruppen aus vielen NRW-Städten in den nächsten Tagen zahlreiche Aktionen gegen die Brüsseler Pläne. Die nach dem früheren niederländischen EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein benannte Richtlinie ist seit Jahren eines der umstrittensten Projekte europäischer Politik. Die Dienstleistungsdirektive soll die Bedingungen für einen freien Dienstleistungsverkehr in EU-Europa regeln (siehe unten). Kritisiert wird vor allem das darin enthaltene so genannte Herkunftslandprinzip. Danach gelten für Firmen, die ihre Dienstleistungen in anderen EU-Ländern anbieten, etwa bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiter die Bedingungen ihres Landes.

„Mit Bolkestein werden nicht die höchsten Beschäftigungs-Standards Maßgabe für Dienstleistungen, sondern die niedrigsten. Das wird zu mehr Gewinnen bei den Konzernen, aber zu weniger Rechten bei der Bevölkerung führen – und zu geringerer Qualität“, sagt Ralf Bindel von attac Ruhrgebiet. „Wir wollen eine Angleichung von Arbeits- und Lohnstandards, Verbraucherschutz und ökologische Standards nach oben – in Nord und Süd, Ost und West.“ Dies müsse demokratisch reguliert werden.

Auch der NRW-Landtag beschäftigte sich unlängst mit dem Thema Bolkestein. Einem Antrag der Grünen, das Herkunftslandprinzip abzulehnen, konnten sich die Regierungsfraktionen CDU und FDP nicht anschließen. „Ich habe ein wenig den Verdacht, hinter diesem Antrag steht eigentlich der Wunsch, die Liberalisierung des Dienstleistungsbereichs generell zu verhindern. Dem kann die Landesregierung nicht folgen“, sagte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben. Während die CDU immerhin Korrekturen an den Entwürfen forderte, zeigte sich der liberale Koalitionspartner begeistert von der Richtlinie. „Gerade NRW wird von der Dienstleistungsrichtlinie in hohem Maße profitieren“, so der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes. Viele wettbewerbsfähige mittelständische Unternehmen wollten „endlich die Wachstumschancen nutzen, die für sie im großen europäischen Markt zu erzielen sind“.

Die SPD-Opposition im Landtag drängt hingegen in Absprache mit den SPD-Bundesministern auf weitreichende Nachbesserungen der EU-Vorlage. Wolfram Kuschke, SPD-Landtagsabgeordneter und Ex-NRW-Europaminister: „Das Herkunftslandprinzip sollte komplett fallen.“