: „Für den müssen wir sorgen“
Korruption auf dem Freimarkt? Quatsch, sagt Exmarktausschuss-Sprecherin Anneliese Leinemann. Hauptsache, die Öffentlichkeit hält sich raus
Bremen taz ■ Wieder einmal steht der Marktausschuss unter Korruptionsverdacht. Das Gremium berät den Innensenator bei der Vergabe von Standplätzen auf dem Freimarkt. Anneliese Leinemann (SPD) war von 1983 bis 1987 Sprecherin im Marktausschuss. Die große alte Dame des Freimarktes gibt Einblicke in die Praxis.
taz: Frau Leinemann, ist der Marktausschuss korrupt?
Anneliese Leinemann: Nein, das ist ein Vorurteil.
Die Grünen nennen ihn „korruptionsanfällig“. Würden Sie da zustimmen?
Nein, auch das nicht. Im Marktausschuss sind ja alle Parteien vertreten. Was nützt es da, wenn man einen Vertreter versucht zu beeinflussen?
Haben Sie denn mal Geschenke von Schaustellern bekommen?
Nur ein paar Freikarten für meine Nichten und Neffen. Die Abgeordneten verdienen genug, um sich davon nicht beeinflussen zu lassen. Größere Geschenke oder Spenden können sich die wenigsten Schausteller erlauben. Sie haben ja keine Einnahmen zwischen Weihnachtsmarkt und Osterwiese.
Wissen Sie von Parteispenden?
Klar, SPD-Schausteller spenden an die SPD oder die „Bremische Gesellschaft für Politik und Bildung“, CDU-Schausteller an die CDU. Aber manche von ihnen spenden auch noch an die SPD, und umgekehrt.
Hat sich im Ausschuss etwas geändert seit Ihrer Zeit?
Ich glaube nicht, dass die Mitglieder heute so enge Kontakte zu den Schaustellern haben wie wir. Ich habe Schausteller zu meiner goldenen Hochzeit eingeladen, sie laden mich zum Schaustellerball ein. Die zehn Euro für die Karte muss ich natürlich nicht bezahlen…
Die SPD will den Ausschuss abschaffen. Was halten Sie davon?
Das halte ich nicht für gut, weil die Schaustellerverbände beratend dabeisitzen. Sie sagen: „Nehmt den nicht, sein Geschäft läuft nicht so gut.“ Oder: „Für den müssen wir sorgen, gebt ihm mal einen Platz.“ Leute aus der Verwaltung haben da keinen Überblick.
Aber ist es erforderlich, dass Politiker im Ausschuss sitzen?
Ja, denn die können sich gegen den Innensenator durchsetzen. Verwaltungsangestellte nicht.
Was sagen Sie zu dem Skandal um die Bayernzelt-Betreiberin Jeanette Hölzgen, die sich ihre Freimarkt-Lizenz mit einer 5.000-Euro-Spende an die CDU erkauft haben soll?
Unfassbar, das kann doch nicht wahr sein. Aber ich finde es blöd, dass die Geschichte in der Öffentlichkeit breitgetreten wird. Man hätte doch das Geld stillschweigend zurückgeben können. Interview: abe