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Bibliothek als Freizeitkultur

SONNTAGSÖFFNUNG Beim Streit um die Sonntagsöffnung der Stadtbibliotheken steht die SPD auf der Seite der Skeptiker – gegen Schwarz-Grün

Die Stadtbibliothek will mehr sein als eine Ausleihstelle

„Toll, hatten viel Zeit hier zusammen“, schrieb eine Mutter zusammen mit ihrer Tochter auf die Feedback-Karte. „Super, dass Sie jetzt auch am Sonntag aufhaben!“, schrieb ein Vater, der mit drei Kindern gekommen war. Das sind einzelne Stimmen vom Modellversuch „Sonntagsöffnung der Stadtbibliothek“. Ober fortgesetzt werden soll steht in der kommenden Woche auf der Tagesordnung der Bürgerschaft.

Beim Beschluss zu dem Modellversuch im vergangenen Winter gab es in der SPD-Fraktion nur eine knappe Mehrheit dafür, was zeigt: Nicht nur Katholiken können gegen Sonntagsarbeit von BibliothekarInnen sein, auch Gewerkschafter. Bedenkenlos konnte die Stadtbibliothek bisher bei verkaufsoffenen Sonntagen der City mitmachen – wenn Kommerz großgeschrieben wird, hat das Arbeitszeitschutzgesetz großzügige Löcher.

Kein Problem mit Sonntagsarbeit hat der grüne Kultursprecher Carsten Werner. „Gute Idee“, sagt er ohne Wenn und Aber zur Sonntagsöffnung. Als alter Theatermann kommt er aus einem Milieu, in dem regelmäßig sonntags gearbeitet wird. Die Ausnahmen des Bundesarbeitsgesetzes für die Sonntagsarbeit gelten natürlich für Kulturbetriebe, sie gelten auch für Videotheken – nicht aber für Stadtbibliotheken. Eine offenbar willkürliche Ausnahmeliste, aber der erste Versuch, im Bundesrat eine Mehrheit für eine Änderung zu bekommen, scheiterte 2011.

Die CDU ist für die Sonntagsöffnung – „katholische“ Bedenken gibt es da nicht, denn die Bibliothek würde sowieso erst um 12 Uhr – quasi nach dem Gottesdienst – geöffnet werden. Seit der Einführung durch den römischen Kaiser Konstantin diente das Verbot von Sonntags-Vergnügungen vor allem dem Schutz des Gottesdienstes.

Die SPD ist für die Verlängerung des Modellversuches, wenn er auf den ersten Sonntag im Monat und auf das Winter-Halbjahr begrenzt bleibt – und solange die Sonntagsdienste freiwillig organisiert werden können. Eine neue Bundesratsinitiative, die Stadtbibliotheken generell den Kulturbetrieben gleichzustellen, will die Bremer SPD nicht mitmachen, sagt SPD-Kultursprecherin Karin Garling.

Die Stadtbibliothek hat mit den Sonntagsöffnungen eine wichtige Erfahrung gemacht: Es wurden nicht mehr Bücher ausgeliehen als in einer Öffnungsstunde werktags, aber es waren mehr BesucherInnen da und vor allem mehr Familien, die sich Zeit nehmen konnten, mal hier und da zu stöbern. Die Bibliothek wurde „als kulturelle Freizeiteinrichtung“ entdeckt, wie es in der Auswertung des Modellversuchs heißt. Die „Nutzungsintensität vor Ort“ sei deutlich höher als an Werktagen gewesen, in denen viele wenig Zeit haben und die Bibliothek eher als „Leihstelle“ nutzen. Eine Sonntagsöffnung, so Bibliothekschefin Barbara Lison, wäre ein „Zugewinn für die Stadtgesellschaft“.  KAWE

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